Comprix 2023: „Traut euch und euren Arbeiten!“
Die insgesamt 47-köpfige Jury – verteilt auf die Bereiche „PM“ und „HW“ – hatte in diesem Jahr erstmals vorab Hausaufgaben bekommen. Anders als bisher wurden die Finalisten nicht durch das „Punktekleben“ vor Ort bei den Jury-Sitzungen in Dreieich bei Frankfurt bestimmt, sondern die Jurierenden stimmten vorher digital ab und siebten so die Einreichungen, die für die Shortlist nicht in Frage kamen, schon im Vorfeld aus. Ziel dieser Änderung war, im Rahmen der Jurysitzungen mehr Zeit für die Diskussionen zu haben.
Für den Präsidenten der PM-Jury, Winfried Krenz (Schmittgall Health), bedeutet die Vorab-Bewertung einen hohen Aufwand, der sich jedoch gelohnt habe. „Nur Arbeiten, die aus Sicht der Jury die Comprix-Kriterien – klare Positionierung, Originalität, Qualität der Gestaltung, Emotionalität und Sympathie, und vor allem die Kreativität der Idee – erfüllten, wurden zur Jury-Sitzung zugelassen.“ Während der Jurierung habe man dadurch genügend Zeit gehabt, diese Arbeiten noch einmal mit allen, auch filmischen und digitalen, Elementen anzuschauen. Die nach den Punktewertungen der Jurierenden jeweils besten drei Arbeiten der einzelnen Kategorien wurden aufgedeckt und konnten dann offen diskutiert werden. „Diese offenen Diskussionen wurden seit Jahren immer wieder gefordert und haben sich aus meiner Sicht bewährt“, so Krenz. Erst danach gaben die Jurierenden ihr endgültiges Votum ab: Verdient eine Arbeit einen Award oder eben nicht? Bin ich befangen, da diese Arbeit aus unserem Haus kommt? „Ich habe zu diesem neuen Prozess durchweg positive Kommentare gehört. Das ist prima und zeigt, dass der Comprix auf dem richtigen Weg ist“, lautet Krenz‘ Fazit.
Sein Pendant Mike Rogers (Serviceplan Health & Life), Präsident der HW-Jury, zeigte sich ebenfalls äußerst zufrieden: Die neue erste Bewertungsrunde sei bei allen sehr gut angekommen, vor allem weil man wegen des Zeitgewinns ausgiebiger über die eingereichten Arbeiten habe sprechen können. „Und da muss ich sagen, es war ein besonderer Jahrgang. Die Qualität der eingereichten Arbeiten war sehr hoch, es hat viel Freude gemacht, sich mit jeder einzelnen zu beschäftigen.“
Auch Christoph Witte (Pink Carrots), HW-Jury-Vize, war begeistert von den Diskussionen vor Ort, die er als „sehr intensiv und produktiv“ erlebte. „Ich habe mich auch gefreut, wieder alle persönlich zu treffen nach den Jahren der digitalen Treffen. Und alles in allem sehen wir, dass wir wieder einen Schritt weiter sind in unserem Bestreben, mit dem Comprix die Qualität und Kreativität der Healthcare-Kommunikation zu fördern.“
Neuigkeiten gibt es auch aus dem Comprix-Beirat zu vermelden: Dr. Dörthe Besse, Geschäftsführerin und Inhaberin von Boosting Communication, und Corinna Schubert, Business Director der Healthcare Unit bei fischerAppelt, relations, sind ab sofort im Comprix-Beirat aktiv. Besse, die als Co-Präsidentin neben Krenz in der PM-Jury sitzt, freut sich über die neue Aufgabe: „Ich bin stolz, dabei zu sein und die Fahne der Kreativität, insbesondere in der Rx-Kommunikation, hochzuhalten. Ich habe schon immer eine große Leidenschaft für Kreation und bin überzeugt, dass sie der Schlüssel zum Erfolg ist – sowohl zum Kommunikations- als auch zum Geschäftserfolg.“
Corinna Schubert zeigt sich beeindruckt von den eingereichten Cases: „Es ist spannend zu sehen, wie viele tolle Arbeiten eingereicht wurden. Und es ist aufregend, Teil einer so professionellen, erfahrenen Jury zu sein. Ich bin mir der Verantwortung meiner neuen Aufgabe sehr bewusst. Kreativität ist ein wichtiger Teil meiner Arbeit, ein wichtiger Teil von fischerAppelt und kann in der Kommunikation oftmals den Unterschied machen.“
Die Aussagen zur Qualität der eingereichten Arbeiten finden sich auch in der Zahl der Awards wieder, die mit 33 um 6 höher lag als im Vorjahr – zwei weitere Auszeichnungen vergab der Beirat beim Young Comprix. Einmal mehr die insgesamt erfolgreichste Agentur war Schmittgall Health (Stuttgart) mit acht Awards, gefolgt von der Berliner Peix Health Group mit sechs, die sich so nach ihrer Award-Pause 2022 eindrucksvoll zurückmeldete, und Scholz & Friends Berlin mit vier. Erstmals in die Riege der Gewinner einreihen konnten sich die zur Hirschen Group gehörende Agentur ressourcenmangel (Berlin) und die Hamburger Agentur you. Die Peix Health Group und die Agentur Cake (Wien/München/Zug) stachen zudem mit der großen Anzahl ihrer Shortlist-Platzierungen hervor (siehe auch Tabellen ganz unten).
Aus der PM-Jury äußerte sich auf Nachfrage lediglich Gunther Brodhecker, Geschäftsführer bei Schmittgall Health, zu seinen Eindrücken von der Jury-Sitzung. Für ihn war es ein guter, aber etwas schwächerer Jahrgang als der letzte. In den zahlenmäßig stark besetzten Kategorien seien es zudem oft dieselben zwei, drei Kampagnen gewesen, die vorne lagen. „Auch wenn es beim Comprix letztlich um Gold geht, finde ich es für uns als Branche ermutigend, dass das Niveau hinter den Goldkandidaten inzwischen qualitativ deutlich besser ist als noch vor einigen Jahren“, stellt Brodhecker aber auch fest. Sehr schade finde er allerdings, dass es in vielen Nebenkategorien zu wenige Einreichungen gegeben habe. Brodheckers Appell an die Agenturen: „Schaut über den Tellerrand der üblichen fünf, sechs Standardkategorien hinaus und präsentiert Euch in den Spezialkategorien: Traut euch und euren Arbeiten!“
Aufgefallen ist Brodhecker, dass es wieder mehr „Mut zur Klarheit“ gebe. „Die stärksten Kampagnen waren sehr plakativ, wenig apokryph bis hin zu extremer Einfachheit.“ Ein weiterer „Trend“ sei die tatsächliche Verschmelzung von Digital und Analog. Seit Jahren postuliert, sei sie nun in der Realität angekommen, stellt Brodhecker fest. „Die eingereichten Kampagnen sind häufig aus dem Digitalen heraus konzipiert und funktionieren ganz selbstverständlich auf allen Kanälen. Letztlich sehen wir hier beim Comprix, wie wir als Markenmacher im Alltag in den letzten Jahren gearbeitet haben.“
Das neue Verfahren in der ersten Jurierungsrunde hat sich für Gunther Brodhecker auf Anhieb bewährt. „Es gibt mehr Zeit für die einzelne Arbeit und mehr Raum für Diskussionen. Was nützt eine so fantastisch besetzte Jury, wenn vor Ort keine Zeit für den Austausch bleibt?“, fragt Brodhecker.
Auskunftsfreudiger waren die Mitglieder der HW-Jury. Karen Gallist von Schmittgall Health fand die Qualität der eingereichten Arbeiten gut, wobei die Social- sowie die Freie Kategorie besonders stark gewesen seien. Aber auch in anderen Bereichen seien zahlreiche überzeugende und teilweise überraschende Arbeiten dabei gewesen. Einige hätten den generellen Trend des Multichannel-Marketings besonders konsequent umgesetzt und mitunter gleich in mehreren Kategorien mit ihren kreativen Arbeiten gepunktet. „Dabei war sehr interessant zu sehen, wie eine Strategie mit ihrer kreativen Umsetzung kanalspezifisch adaptiert wird und damit ihre Message passgenau zielgruppen- und mediengerecht platziert“, findet Karen Gallist. Für Dr. Christoph Sandmann, Leiter Marketing bei Heel, waren die Einreichungen qualitativ stärker als in den vergangenen Jahren. Erfreulicherweise hätten auch wieder einige klassische OTC-Kampagnen überzeugen können, nachdem diese Kategorie in den vergangenen Jahren eher schwächer ausgeprägt gewesen sei. Aus dem Bereich der klassischen OTC-Kommunikation ist aus Sandmanns Sicht die Kampagne „Acid Town“ der Marke Talcid besonders hervorzuheben. „Diese besticht durch einen sehr kreativen, bunten und lauten Ansatz, der Realfilm mit Zeichentrick inklusive einer gehörigen Portion Yellow-Submarine-Nostalgie verbindet und so auf unterhaltsame Weise einen hohen Grad an Aufmerksamkeit für die Marke und die Problemlösung generiert.“ Aber auch andere Kategorien wie Patienteninformationskampagnen hätten hervorgestochen. „Besonders bemerkenswert war beispielsweise eine Arbeit, die informativ und einfallsreich über Wechselwirkungen und den korrekten Umgang mit Medikamenten aufklärt.“ Im Gegensatz zu etablierten OTC-Marken böten diese Kategorien den Vorteil, dass sie weniger stark an die Markenherkunft und die Brand Heritage gebunden seien. „Für etablierte OTC-Marken, die zudem über eine große Stammkundschaft verfügen, stellt der äußerst wichtige Schritt in Richtung innovativer Kommunikationsansätze eine gewisse Herausforderung dar“, stellt Sandmann fest. Olaf Tegtmaier, Geschäftsführer von Pfadfinder Kommunikation, hebt hervor, dass es auch 2023 wieder gelungen sei, eine Vielzahl an hochwertigen Einreichungen zu generieren. „Das ist erfreulich, denn der gesamte Wettbewerb und der zu gewinnende Preis sind einfach sehr wertvoll. Aus gutem Grund wird auch die Latte an die zu erreichende Qualität hoch angesetzt“, betont Tegtmaier. Umso erfreulicher sei daher, dass neben der Quantität auch die Qualität durchgehend sehr gut gewesen sei. Es habe eine Vielzahl an Kampagnen gegeben, die sich „vollkommen zu Recht“ Hoffnungen auf die begehrte Auszeichnung machen durften.
Der Geschäftsführer der Agentur Whitecross, Hans-Henning Lorenz, hat im Vergleich zum letzten Jahr „signifikante Veränderungen“ bei der Qualität der HW-Einreichungen festgestellt – „und zwar sehr positive!“. Sowohl die gezeigten Kampagnen als auch die Form der Einreichungen hätten „ein neues Level in puncto Kreativität und Umsetzung“ markiert. „Interessant und erfreulich“ sei für ihn außerdem gewesen, dass in der Kerndisziplin „OTC-Anzeige“ in diesem Jahr 1. mehr Kampagnen eingereicht worden seien und 2. darunter auch mehr Shortlist- und Goldfähiges gewesen sei.
Insgesamt positiv, als „gut und praktikabel“ (Lorenz) oder auch als „effizient“ (Sandmann), bewerten auch die Mitglieder der HW-Jury das neue Verfahren in der ersten Runde. Wenn auch mit Einschränkungen: Tegtmaier fand zwar gut, dass man sich sehr intensiv mit den Arbeiten auseinandersetzen musste, allerdings habe er den Zeitaufwand unterschätzt. Auch Gallist fände einen etwas längeren Zeitrahmen für die Bewertung hilfreich. Lorenz stellt außerdem fest, durch den Wegfall des Punkteklebens hätten die „Mikro-
diskussionen“ an den Stellwänden gefehlt. „Dieses Manko konnten die Plenumsdiskus-sionen dieses Jahr noch nicht ausgleichen.“
Essay von Marek Hetmann zum COMPRIX-Motto "Wonderland"