Einfach nur zugreifen

04.05.2022 11:05
„Wir wollen die digitale Super-App für die Gesundheit sein, die allen Nutzer:innen eine höhere Lebensqualität durch eine bessere Gesundheit ermöglicht“, erklären die DoctorBox-Gründer Dr. Oliver Miltner und Stefan Heilmann. Sie bieten viel – und verlangen wenig, vom User. Aber wie machen sie das? Und welche Auswirkungen hatte die Pandemie auf den Gesundheitsservice des Unternehmens, der vom Impfmanagement über einen Medikationsassistenten bis hin zum COVID-19-Antikörpertest reicht? Welche digitalen Healthcaretools jetzt angesagt sind, lesen Sie hier im Interview.

>> Kürzlich haben Sie berichtet, dass sich über 1 Million Menschen inzwischen bei DoctorBox registriert haben. Ist die DoctorBox App auch auf Ihrem Handy installiert, Herr Dr. Miltner? Welchen Gesundheitsdienst nutzen Sie?
In der Vergangenheit habe ich lediglich einen allgemeinen Cloud-Dienst für die digitale Aufbewahrung meiner Gesundheitsdaten genutzt, leider jedoch nur sehr sporadisch, da sich die Anwendung als mühsam darstellte und im Endeffekt ohne Mehrwert für mich war. Die digitalen Gesundheitsangebote werden generell immer selektiver und vertikaler. Das nervt mich als Patient, denn ich möchte digital nur einen Login und einen Anbieter, der mir die gesamte Palette an Diensten für meine Gesundheit bzw. Krankheit zur Verfügung stellt.

Und das heißt für den DoctorBox-Service?
Seit seiner Einführung nutze ich daher das Gesundheitskonto von DoctorBox. Das ist einfach im Handling und sicher, und ich kann meine Gesundheit aktiv entlang der Diagnose, der Medikation und der Therapie rein digital über das Handy managen. So habe ich immer automatisch meinen digitalen Impfnachweis bereit und muss ihn nicht vor jedem Termin ewig suchen… Bis heute habe ich keine anderen Anbieter mit einem vergleichbaren Angebot in Europa gefunden.

Dokumente speichern und managen, Arzttermine im Blick, Notfallsticker, Medikationserinnerung, Impfmanagement, COVID-19-Testergebnisse und mehr: Sie bieten einen umfangreichen Service an. Welcher Gesundheitsdienst ist der beliebteste bei den Usern – und warum?
Zurzeit sind – bedingt durch die COVID-19-Pandemie – besonders der Notfallsticker, der, wenn jede Minute zählt, über einen QR-Code direkten Zugang zu den wichtigsten Notfalldaten der Patient:innen gibt, und Gesundheitsdienste wie die Heim-Durchführung und die digitale Übermittlung von Bluttests, aber auch Point-of-Care Leistungen – PCR-, Antigen-, Antikörpertests – sehr beliebt.

Wir gehen jetzt einfach mal davon aus, dass es auch ein „Nach der Pandemie“ gibt ...
Nach Abebben der Pandemie erwarten wir, dass Services wie der Medikations-Assistent mit Bestellfunktion und die Nutzung des digitalen Diagnostik-Tools, das mithilfe künstlicher Intelligenz eine erste Diagnose von Krankheitssymptomen erbringen und Empfehlungen abgeben kann, bei unseren Usern in den Vordergrund treten werden.
Außerdem gibt es in der Bevölkerung eine sehr große Gruppe chronisch Kranker – in Deutschland sind es über 30 Millionen Betroffene, in ganz Europa über 200 Millionen! –, die oftmals wöchentlich Labor-ergebnisse und Arztbriefe erhalten, die sie durch die Timeline in der DoctorBox sehr übersichtlich und mit Hashtags geordnet ablegen und verwalten können. Das erleichtert die Abläufe und Kommunikation mit den Ärzt:innen und wird sehr gerne in Anspruch genommen.

Auf die Corona-Pandemie haben Sie im Jahr 2020 mit dem COVID-19-Antikörpertest „BeTroBox“ reagiert. Ist das Angebot bei den Usern angekommen?
Bei den Usern ist es sehr wohl angekommen und wurde bzw. wird extrem gut angenommen; bei der Politik leider überhaupt nicht. Unser Antikörper-Heimtest ist unverändert stark nachgefragt: sowohl digital, an unserem Standort in Berlin, als auch vor Ort im Landkreis Böblingen, wo man im Rahmen eines Modellprojekts diesen Test 4.000 Bürger:innen zur Verfügung stellte.

Wo liegt denn das große Plus bei Nutzung des Tests?
Jede:r, der/die bereits zwei Mal gegen COVID-19 geimpft oder geboostert ist, stellt sich doch die Frage: Besitze ich ausreichende Immunität oder muss ich mich erneut impfen lassen? Lediglich ein Antikörpertest kann diese Frage nach einer gegebenenfalls notwendigen Boosterung oder Immunantwort nach einer Infektion beantworten und somit unnötige Impfungen, damit verbundene Kosten für das Gesundheitssystem und Ängste der Bürger:innen vermeiden. Wir hoffen, dass die Politik sehr bald versteht, dass der Antikörpertest die Angst vor einer nicht benötigten Impfung nehmen und somit das Gesundheitssystem entlasten kann. Dann erst wird der COVID-19-Antikörpertest zu einem Haushaltsprodukt bzw. kostenlosen Bürgertest.

Wie haben Sie die Zielgruppe über das Angebot informiert?
Wir setzen regelmäßig gezielte Aktivitäten im Bereich Online- und Social Media Marketing ein, um potenzielle User zu gewinnen. Zusätzlich arbeiten wir mit den wichtigsten Publikationen und Medien des Landes um einen stetigen Informationsfluss zu garantieren. DoctorBox konnte zudem von Beginn an wichtige Partner wie Apotheken, Städte und Landkreise, Wissenschaftler z.B. die LMU München und Labore gewinnen und in sämtliche (Marketing-)aktivitäten einbeziehen. So war es möglich, unsere Zielgruppen schnell zu erreichen und zu aktivieren.

Hatte die Corona-Pandemie anderweitig Einfluss auf die Nutzung Ihres Angebotes und in der Folge auch auf Ihren Service, sprich die Angebotsstruktur von DoctorBox?
Ja, denn ohne die Pandemie hätten wir keinen so großen Fokus auf die digitale Diagnostik legen müssen – also das Testen und die digitale Übermittlung von Testergebnissen als hochsensible Daten an Patient:innen. Nun setzen wir die digitale Eigenentwicklung verstärkt fort und konzentrieren uns vermehrt auf die Anbindung von externen Medikations- und therapeutischen Diensten für unsere User, wie etwa Telemedizin.

DoctorBox ist in den letzten Jahren verschiedene Kooperationen eingegangen, z. B. mit MVDA und Linda Apotheken. Was beinhaltet diese Kooperation und was haben Apothekenkunden davon?
Der MVDA e.V. ist Hauptaktionär der Linda Aktiengesellschaft (Köln) und Gründer der Qualitäts-Dachmarke „Linda Apotheken“, Deutschlands bekanntester Dachmarke inhabergeführter Apotheken. Der MVDA Linda entschied sich mit der Empfehlung von DoctorBox dafür, die DNA des Apothekers – die pharmazeutische Beratung – auch auf den digitalen Bereich auszuweiten.
In Linda Apotheken erhalten Apothekenkund:innen daher kostenlos den DoctorBox Notfallsticker. Er ist eine Brücke zwischen analoger und digitaler Welt und ermöglicht Ersthelfer:innen im Notfall einen schnellen und unkomplizierten Zugriff auf die medizinischen Notfalldaten der Patient:innen. Das spart Zeit und kann Leben retten! Weitere Informationen zur Kampagne gibt es auch unter https://www.doctorbox.de/mvdalinda.jsp

Mit „DoctorBox Pro“ machen Sie Ärzt:innen ein Angebot, Dokumente wie Arztbriefe oder Befunde „einfach und sicher“ an ihre Patient:innen zu versenden. Wie informieren Sie Ärzt:innen über dieses Angebot?
Das ist eine sehr gute Frage, deren Antwort wir jeden Tag ein Stückchen besser versuchen zu beantworten. DoctorBox Pro ist grundsätzlich die Schnittstelle für Ärzt:innen, um mit ihren Patient:innen digital und datenschutzkonform zu kommunizieren. Momentan ist dieser Kommunikationsweg auf Brief, Fax und Telefon – oder WhatsApp bzw. SMS – begrenzt, die aktuell vorhandene Software der Ärzt:innen kann eine Digitalisierung nicht leisten. Unser Ziel ist es daher, Ärzt:innen in der Digitalisierung ihres Angebots für die Patient:innen über das DoctorBox-Konto zu unterstützen und ihnen eine digitale, sichere Plattform zum Datenaustausch mit DoctorBox-Usern zur Verfügung zu stellen.
Zusätzlich haben sie dadurch Zugang zu weiteren Services wie der Möglichkeit Videosprechstunden durchzuführen, Zweitmeinungs-Tools mittels gesichertem Chat mit anderen Ärzt:innen zu nutzen und vieles mehr – und das alles kostenlos! Dieses attraktive Angebot kommunizieren wir über alle möglichen Vertriebswege.

Die von Ihnen angebotenen umfangreichen Gesundheitsdienste sind – soweit ich das überblicken kann – alle kostenlos. Wie finanzieren Sie sich?
Das Angebot an die User bzw. die Patient:innen bleibt auch kostenlos. Das ist uns sehr wichtig. DoctorBox verdient an unterschiedlichen Stellen: Zum einen über die Anbindung von digitalen Gesundheitsdiensten an die DoctorBox Plattform – über Testzentren, Labore, Telemedizinanbieter, Apotheken etc. –, wo wir als digitaler Gesundheitsmarktplatz fungieren. Dann über unsere eigenen Gesundheitsangebote, wie etwa den Antiköpertest, aber auch die Verifizierung von Identitäten von Nutzer:innen oder die Übermittlung von Gesundheitsdaten an die User.
Wir verdienen auch an digitalen Gesundheitsangeboten von Dritten, die wir über die DoctorBox-Plattform unseren Nutzern anbieten. Und schließlich bieten wir digitalen Gesundheitsanbietern unseren gesamten Backend als „Backend As A Service” an.

Haben Sie eine Vision für DoctorBox? Wo sehen Sie sich im Jahr 2030? Was ist digital dann alles möglich?
Unsere Vision in 2030 bleibt unverändert „Gesund, länger leben“ – auch durch und mit DoctorBox. Wir wollen die digitale Super-App für die Gesundheit sein, die allen Nutzer:innen eine höhere Lebensqualität durch eine bessere Gesundheit ermöglicht. Wir arbeiten daran, dass wir in 2030 der größte digitale Gesundheitsmarktplatz für Patient:innen – das „Gesundheitskonto“ – in Europa sein werden, der in Europäischer Hand ist, der Europäischen Datenschutz verinnerlicht und der offen für Partner und wertstiftende, digitale Gesundheitsdienste ist.

Herr Dr. Miltner, Herr Heilmann, vielen Dank für das Interview. <<

Ausgabe 05 / 2022

Digital Health