Der Markt hat Potenzial für mehr

31.08.2011 16:46
Die Wachstumsrate im europäischen Markt für personalisierte Medizin liegt derzeit im zweistelligen Bereich, auch für die nächsten Jahre ist eine gute Absatzentwicklung zu erwarten. Die Marktchancen sind jedoch noch nicht ausgeschöpft und die Pharmabranche muss aktiver werden, wenn personalisierte Medizin eine zentrale Rolle im Gesundheitssystem einnehmen soll - dies ist das Ergebnis einer Analyse der Unternehmensberatung Frost & Sullivan.

>> Die hohen Wachstumsraten im Markt für personalisierte Medizin sind laut Frost & Sullivan nur die Spitze des Eisbergs eines erwarteten exponentiellen Wachstums. Die derzeitige Entwicklung sei beachtlich, zumal der Markt bereits von einem relativ hohen Niveau aus gestartet sei.

Personalisierte Medizin steht für den Ansatz, medizinische Behandlungen mithilfe genetischer Marker („Biomarker“) und anderer Diagnosetests zu verbessern. Durch die Tests soll ermittelt werden, welcher Patient am besten von welcher Medikation profitiert und die Wirksamkeit von Therapien somit verbessert werden. Bei einer Hepatitis-C-Infektion kann zum Beispiel ein Test Aufschluss über die Menge an Hepatitis-C-Viren im Organismus geben und eine effizientere Behandlung ermöglichen. „Personalisierte Medizin hilft, die Zeit für die Auswahl von Versuchspersonen für klinische Untersuchungen zu verkürzen, verbessert das Ansprechen auf Medikamente und verringert Nebenwirkungen“, so Rasika Ramachandran, Senior Research Analyst bei Frost & Sullivan. „Wichtigster Vorteil personalisierter Medizin ist die Verbesserung des Aufbaus, der Wirkung und der Vorhersagekraft von klinischen Tests.“

Vielversprechend für die Marktentwicklung sei vor allem „eine Reihe von öffentlich-privaten Partnerschaften und das hohe Niveau der technologischen Fortschritte, durch die die Entdeckung und Entwicklung von neuen Biomarkern unterstützt und der Markt angekurbelt wird.“ Die technische Effizienz der Theranostik werde, zusammen mit der damit verbundenen Kostensenkung für F&E, Wachstumstreiber im Markt sein.

Ärzte haben Schlüsselrolle

Trotz der guten Prognosen gibt es laut der Studie auch Hindernisse, die die Marktentwicklung bremsen. In diesem Zusammenhang wird vor allem die Rolle der Ärzte hervorgehoben. Begleitende Diagnosetests würden Ärzte dabei einschränken, ein Medikament ihrer Wahl zu verschreiben. „Häufig bezweifeln Ärzte die Wirksamkeit von begleitenden Diagnosetests, was die Verschreibung von Medikamenten im Vergleich zu ihrem Wissen und ihrer Erfahrung angeht“, erklärt Ramachandran. „Um diese Hürde zu überwinden, ist es notwendig, die neue Generation von Ärzten mit einer positiven Einstellung zur Theranostik zu unterstützen.“ Frost & Sullivan betonen die Schlüsselrolle der Ärzte bei der Förderung personalisierter Medizin. Pharmakonzerne sollten  bei der Theranostik-Entwicklung enger mit Ärzten zusammenarbeiten. Wenn ein Test auf den Markt kommt, könne so die Bestätigung durch Ärztekollegen die weitere Verbreitung des Tests unterstützen.
Die Frage nach der Erstattung sei ebenfalls essenziell für die Zukunft personalisierter Medizin; Ärzte würden daran gehindert, begleitende Diagnosetests zu verschreiben, da diese zum Großteil vom Patienten selbst bezahlt werden müssen. „Solange die Frage nach der Erstattung nicht geklärt ist oder die Kosten dieser Diagnosetests nicht erschwinglich werden, bleiben begleitende Diagnosetests in einer Sackgasse“, warnt Ramachandran. Ein gutes Zeichen für die im Bereich personalisierter Medizin tätigen Unternehmen sei jedoch, dass die europäischen Regierungen inzwischen Initiativen ergriffen hätten, um dieses Problem zu lösen. Nichtsdestotrotz: „Die Wachstumsrate im Markt dürfte noch weiter zulegen, sollten mehr europäische Regierungen personalisierte Gesundheitsversorgung fördern und dazu beitragen, dass diese in der Mitte der Gesellschaft ankommt.“

Handlungsbedarf bei Pharmaunternehmen

Auch bei den Pharmaunternehmen selbst sehen die Experten die Notwendigkeit zu handeln, damit eine nachhaltige positive Marktentwicklung gewährleistet werden kann. Die geringe Abstimmung zwischen diagnostischen und pharmazeutischen Unternehmen sei zum Beispiel ein großes Defizit; es fehle insbesondere an Kenntnissen, was die jeweils andere Branche betreffe. In dem Analysebericht heißt es auch: „The unwillingness of pharmaceutical companies to restructure itself for a better and holistic adoption of personalized medicine is another major cause for concern.“ Derzeit basiere personalisierte Medizin primär auf einer Zusammenarbeit von Pharma- und Diagnostik-Unternehmen. Um Theranostik im Gesundheitssystem in eine zentrale Position zu bringen, seien jedoch andere Strategien notwendig.

Der Erfolg personalisierter Medizin werde auch davon beeinträchtigt, bemängelt ddie Analystin dass Hersteller wie Roche, die Pharma- und Diagnostiksparten haben, diese als separate Geschäftszweige betreiben und sich nicht als Unternehmen für personalisierte Medizin branden. Ebenfalls sei eine „trockene“ Medikamenten-Pipeline Grund dafür, dass die Marktentwicklung hinter den Potenzialen zurückbleibe. Fehlende neue Medikamente begrenzten die Anzahl der Therapien, die mit Diagnostik verbunden werden können. Bei vielen Unternehmen, die technisch für Theranostik gut aufgestellt seien, mangle es auch an Mitteln, um Produkte auf den Markt zu bringen, so das Fazit der Studie. <<

Ausgabe 09 / 2011

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