Qualität hoch 3 : Redaktion, Visualisierung, Marketing
Der LpA-Wert der MMW stieg um 6,1 Prozentpunkte, der Wert der Stapelleser legte um 7,3% zu und der weiteste Leserkreis wuchs um rund 8%. Sie können zufrieden sein?
Sicher. Die Daten der LA MED sprechen für uns. Dass ein Titel über zwei Jahre über 8% zulegt und rund 6000 neue Leser gewinnt, hat es im Markt noch nicht gegeben.
Sie haben 1999 die MMW mit der Fortschritte der Medizin fusioniert. Waren Sie überrascht, dass sie zwei Jahre warten mussten, bis sich ein Erfolg einstellt?
Eigentlich nicht. Wenn man sich die LA-MED über 10 bis 15 Jahre betrachtet, stellt man fest, dass jeder Titel, der aus welchen Gründen auch immer einen Relaunch durchführte, zunächst vom Markt bestraft worden ist. Meine Schätzung war nach der Zusammenlegung von MMW und der FdM, dass ein Wert von insgesamt 30 % LpA gut wäre. Genau das ist auch eingetreten. Der Grund dafür ist, dass der sehr, sehr konservative Leser einen augenscheinlich neuen Titel erst nach einer gewissen Eingewöhnungszeit anerkennt und akzeptiert.
Das war ein kalkuliertes Risiko?
Klar hätten wir uns bereits im vorigen Jahr einen wenig höheren LpA-Wert gewünscht. Aber nun ist offensichtlich unsere Kernbotschaft angekommen, dass wir ein modernes redaktionelles Konzept fahren und dazu eine, wie ich meine, professionelle Visualisierung haben. Wichtig dabei ist aber vor allen Dingen, dass wir ein redaktionelles Konzept verfolgen, das ganz nahe bei den tatsächlichen Problemen des niedergelassenen Arztes ist. Unsere ganzen Anstrengungen kulminieren darin, dass die MMW heute und künftig der dynamischste Titel des Marktes ist. Diesem Anspruch müssen wir uns Woche für Woche stellen und die Hand am Puls des Arztes haben, um immer wieder nachvollziehbaren Praxisbenefit zu generieren. Praxisrelevanz ist das wichtigste Erfolgskriterium für uns.
Goutiert diesen Erfolg auch die werbetreibende Industrie?
Der Markt ist extrem rückläufig. Innerhalb des Gesamtmarktes gibt es viele Verlierer und einige, die die Flughöhe halten oder leicht gewinnen konnten. Wir sind in der glücklichen Lage, mit „Hausarzt“ und MMW gute Ergebnisse aufweisen zu können. Wir gehen davon aus, dass die Industrie die Erfolge honoriert.
Wie stellt sich der Anzeigenmarkt zur Zeit dar?
Durch Unternehmensfusionen haben wir im Bereich Pharma immer weniger Einzelfirmen und Marketingbudgets. Darüber hinaus präferieren zu viele Pharma-Hersteller den Außendienst, anstatt einen ausgewogenen klassischen Mediamix zu fahren. Und als drittes haben wir einen extrem aggressiven Wettbewerb unter den Verlagen, den Herr Schlüter von Medicus Intercon in der letzten Ausgabe ihres Mediums ja sehr treffend beschrieben hat. Da fragt man sich in der Tat, wie im Bereich Pharma das Zukunftsszenario für einen erfolgreichen medizinischen Fachverlag aussehen könnte.
Wie sieht denn das Szenario aus? Qualität, Qualität, Qualität?
Richtig. Das wichtigste ist die redaktionelle Qualität. Alle Me-too-Titel werden binnen weniger Jahre vom Markt verschwinden. Das zweitwichtigste Erfolgskriterium ist visuelle Qualität: Auch lese-unfreundliche, langweilige Zeitschriften werden künftig keine Chance mehr haben. Das dritte Kriterium ist ein intelligenter, nutzwertorientierter Weg im Leser- und Abo-Marketing, bei dem die medizinischen Fachverlage noch sehr, sehr viel vom Investitions- und Konsumgüterbereich lernen könnten.
Was müssten Sie zum Beispiel noch mehr als bisher tun?
Wir müssen lernen, auch im Abo-Marketing mehr Benefits zu verkaufen. Das können beispielsweise auch Synergien von Online-Zugängen und online verfügbaren Contents sein.
Was wird sich im redaktionellen Programm ändern?
Wir haben eine breit angelegte Leserbefragung durchgeführt, um herauszufinden, wie und mit welchen Inhalten die MMW in den Köpfen der Zielgruppe verankert ist. Fazit ist, dass der Titel für Fort- und Weiterbildung, für Gesundheitspolitik und für Medizin Aktuell steht. Diese Kernkompetenzen bauen wir aus.
Aber zur Zeit zieht doch das Thema Berufspolitik!
Das stimmt. Wir standen vor der verlegerischen Entscheidung, ob wir das Thema Berufspolitik kompetent ins Heft nehmen. Also mit hohem personellen und budgetären Aufwand einen USP schaffen, den an sich keiner von uns erwartet. Oder ob wir dieses Thema über unseren Titel Hausarzt weiterhin erfolgreich besetzen, weil in diesem Titel jeder über Berufspolitik lesen möchte, da der Hausarzt offizielles Organ des BDA ist. Dafür haben wir uns entschieden- zum Wohle beider Titel.
Also keine Kannibalisierung im eigenen Hause?
Das wäre auch töricht. Wir haben mit beiden Titeln extrem starke Medienmarken im Markt. Der „Hausarzt“ ist über die letzten drei Jahre um 10% LpA und die MMW in den letzten beiden Jahren seit der Fusion um 8 Prozentpunkte gestiegen. Wir werden also weiterhin beide Medienmarken getrennt positionieren und ausbauen.
Das Gespräch führte Peter Stegmaier
Oktober 2001, Nr. 1