Solide überraschend
Alle Verlage - auch die, die dieses Mal schlechter abgeschnitten haben - sind auf „ihre“ LA-MED zu Recht stolz und „können damit erhobenen Hauptes zu ihren Kunden gehen“ (Lothar Kuntz, Verlagsleiter „ÄrzteZeitung“). Nicht von ungefähr sind andere Branchen regelrecht neidisch auf dieses seit Jahren solide und umfassende Zahlenwerk, das die Sparte „Medizinische Fachpresse“ vorlegen kann. Denn die LA-MED „ist die harte Währung in der Pharma-Industrie“ (Maximilian Schriewersmann, Anzeigenleiter „Arzt & Wirtschaft“).
Facharzttitel sind unverzichtbar
Für Robert Kamm, Leiter PR- und Marketing-Koordination bei Aventis Pharma Deutschland, zeigt die LA-MED „in beeindruckender Weise und mit hoher Qualität der Erhebung, welch wichtige Informationsquelle die Fachtitel für die Ärzte darstellen“. Manuel Ickrath, Geschäftsführer vom Kirchheim-Verlag, der den „Allgemeinarzt“ herausgibt, fügt hinzu: „Jahr für Jahr stellt sich eine Reihe von Fachverlagen als Gruppe den unerbittlichen Kriterien dieser Untersuchung. Mögen auch manche abwinken, aber andere Mediengattungen wären heilfroh, solche Branchenergebnisse vorweisen zu können.“ Und Claus Berneker von der Media-Agentur Carat freut sich, „wiederum verlässliche und stabile Werte“ in die Hand zu bekommen. Denn ohne LA-MED, so Anette Walther von Optimedia, „müssten wir uns komplett auf hauseigene Angaben der Verlage verlassen“. Dr. Georg Ralle, Verlagsleiter von Urban & Vogel, fokussiert aus Verlegersicht: „Jeder soll wissen, dass es kein besseres und überzeugenderes Instrument für eine gezielte Werbekampagne gibt als die Kommunikation via Fachpresse.“
Nach Jahren der Stagnation ist in diesem Jahr Bewegung in das Ranking gekommen. In die Spitzengruppe haben sich Magazin-Formate geschoben, allen voran die „MMW“ („Setzt den Erfolg fort, den sie vor Jahren begonnen hat“, Werner Kern, MW Office) und „Der Kassenarzt“, der nach LpA-Wert den größten Sprung getan hat und dort „angelangt ist, wo er hingehört“ (Werner Kern). Stephan Kröck, Verlagschef der „Medical Tribune“, spricht von einem „gewissen Trend“. Für ihn ist es „erstaunlich, wie viele Zeitschriftentitel dazwischen gerutscht sind“. „Medical Tribune“ bekam das mit -3,2 Prozentpunkten zu spüren. Sie fiel zwar nur um einen Platz zurück, sein Hauptkonkurrent, die „ÄrzteZeitung“, hingegen gar um vier Plätze auf Rang 9. Allerdings ist die „ÄrzteZeitung“ gewiss nicht der Verlierer 2003: Mit einem LpA-Wert von 40,7 liegt sie erstaunlich stabil im Rennen. Es bleibt aber, dass die Gruppe der Zeitungsformate gegenüber den Magazinen Federn hat lassen müssen.
Magazinformate rücken vor
Das gilt auch für die „Ärztliche Praxis“ aus dem Verlag Reed Business Information. Verlagsleiter Peter Brunner knirscht daher auch mit den Zähnen, den Champagner hat er im Kühlschrank gelassen, wie er sagt. Aber Anlass für Resignation gebe es nicht. Er führt das Abschneiden der „Ärztlichen Praxis“ auf den im Dezember letzten Jahres - unmittelbar vor der zweiten Befragungswelle der LA-MED also - durchgeführten Relaunch zurück. „Unser Ziel war und ist es, jüngere Leser zu gewinnen“, erklärt Brunner. „Das haben wir auch erreicht. Leider haben etliche Stammleser den Schwenk zu einem modernen Outfit nicht mitgemacht.“ Reed Business will aber den eingeschlagenen Weg fortsetzen. Darin bestärken den Verlagsleiter die Ergebnisse der Heftnutzungsanalyse von EMNID für das zweite Quartal. „Hier konnten wir wieder unsere Spitzenposition erreichen, die wir seit Jahren innehaben.“ Für die Zeitungsformate innerhalb der API-Titel gilt: Sie werden aufgrund ihrer Aktualität ihren Stellenwert halten. Hinzukommt, wie Stephan Kröck es ausdrückt, „sie sind nicht nur Pflichtlektüre. Sie werden mit nach Hause genommen“ und - frei vom Praxisstress gelesen, sei hinzugefügt. Erwähnt sei auch „Arzt & Wirtschaft“. Sie hat sich seit fünf Jahren von 50,8 (1999) konstant nach oben entwickelt. Schriewersmann ist darum auch sehr zufrieden. „Man muss nicht immer nur auf die Zahlen starren; die Entwicklungslinien sind entscheidend.“ Ihm kommt natürlich das gesteigerte Interesse des Arztes an Wirtschaftsthemen in Zeiten permanenten Drucks der Standesorganisationen und der Politik auf die Honorare zustatten.
Tiefenanalysen erwünscht
Das Stichwort „Heftnutzungsstudie“ gibt Anlass, nach einer qualitativen Fortentwicklung der LA-MED zu fragen. Nicht nur Werner Kern, auch Claus Berneker und andere setzen auf solche weiterführenden Tiefen-Studien. Für Rüdiger Sprunkel, Verlagsleiter des alljährlichen Spitzenreisters in der LA-MED-Studie, sind solche Überlegungen nicht neu. Über neue Studiendesigns berate der Arbeitskreis Studie intensiv. „Wenn die LA-MED- Verlage das wollen, wird es umgesetzt.“
Doch wie sieht„s mit der Finanzierung aus? Immerhin kostet die Reichweitenstudie jedes Jahr rund 170.000 EUR. Auf einen mittleren Verlag entfällt ein Anteil von gut 9.000 EUR. Sprunkel aber betont: „Wichtiger als die Finanzierungsfrage wird die Grundsatzentscheidung sein, nämlich, was wollen wir genau messen?“ Ein Ausweg aus der Finanznot könnte sein, die Reichweiten-Untersuchung nur noch alle zwei Jahre durchzuführen. Das rechtfertigt die insgesamt stabile Lage der Einzelergebnisse über die Jahre hinweg. Käme es zu einer solchen Entscheidung, wären Zeit und Etatmittel für qualitative Untersuchungen vorhanden.
Trotz aller Genugtuung bei den Verlagen über die LA-MED-Ergebnisse belasten die politischen Kautelen das kommende Anzeigengeschäft. Beim aktuellen Ergebnis reicht die Beurteilung von „nicht ganz zufrieden“ bis „bestens“. Kircheim-Chef Ickrath zum Beispiel ist „total zufrieden. Unser seriöses redaktionelles Angebot wird honoriert.“ Auch Rüdiger Sprunkel ist zufrieden, und Lothar Kuntz spricht von „schwarzem Nullwachstum“. Dr. Uwe Axel Richter, Geschäftsführer des MediMedia-Verlages und Herausgeber von „Der Kassenarzt“, gibt sich „verhalten optimistisch“ und spricht „von leicht erhöhtem Umsatz“, was ziemliches Understatement bedeutet, denn, wie Richter selbst sagt, „Der Kassenarzt„ kommt aus einem tiefen Tal“.
Nur Qualitätstitel profitieren
Einig sind sich die Verlagschefs in der Beurteilung der Zukunft. Aventis beispielsweise geht für 2004 von einem um 65 Millionen EUR geringeren Umsatz aus, MSD von 85, und Pfizer stellt sich auf einen Rückgang um 100 Millionen EUR ein. Aventis, Robert Kamm, wird sein Anzeigenvolumen um 10 bis 15 Prozent gegenüber 2003 zurückfahren. Zwei Konsequenzen drängen sich auf:
Zum ersten müssen sich die Verlage auf einen stärkeren Selektionsprozess bei der Titelwahl einstellen. Und: Es wird zu einer Marktbereinigung kommen. Jene Titel, die seit Jahren auf Qualität in der Berichterstattung setzen und sich dem Leistungstest der LA-MED stellen, werden die Nase vorn haben. Das prognostizieren vor allem Fachleute, die nicht aus der Verlagsecke kommen. Damit verbunden ist die Einschätzung, dass Titel die in einer „redaktionellen Grauzone“ arbeiten, soll heißen, die PR-Berichterstattung gegen Anzeigengeschäft höher schätzen als seriöse Fachberichterstattung, auf der Strecke bleiben werden. Dafür spricht, dass Produktmanager beweisen müssen, wie effizient die Gelder eingesetzt werden. Und „effizient“ heißt in diesem Fall, Anzeigenplacement in Titeln, die schwarz auf weiß Respons nachweisen können. Zum zweiten: Bei knapper werdenden Etats wird die Industrie nicht umhin kommen, ihre gesamten Marketing-Aktivitäten - einschließlich Außendienst - auf den Prüfstand zu stellen. Denn allein schon die Auswertung der „Informationsquellen“ der Ärzte (vgl. Seite 10) beweist die unangefochtene Position der Facharztpresse.
„Positiv denken und handeln“
Und davon werden jene Titel, die über Jahre ein hohes Markenbewusstsein durch anspruchsvolle Redaktionsleistungen aufgebaut haben, am stärksten profitieren. „Die Industrie ist auf leistungsstarke Titel angewiesen“, sagt Dr. Georg Ralle. Mindestens so intensiv wie auf den Außendienst. Für bestimmte Aufgaben gibt es schlicht kein schnelleres und kostengünstigeres Instrument als die Fachpresse. Leistungsstarke Titel brauchen aber eine wirtschaftliche Basis, auf der sie agieren können. „Wenn kein Wasser im Kanal ist, ist er nicht schiffbar“, kommentiert Richter. Weiß das auch die Industrie? Rüdiger Sprunkel: „Wir müssen den Kunden permanent von der Qualität der Anzeige überzeugen. Alle müssen positiv denken und handeln. Das ständige Jammern hilft nicht.“ Eigentlich, so Sprunkel, sollten alle 16 API-Titel ständig in jenen Magazinen werben, die von Agenturen und der Industrie gelesen werden. Und: „Eigentlich müsste Pharma Relations„ jeden Monat voll von Verlagsanzeigen sein, die die Stärken ihrer Titel kommunizieren“ - hat der Deutsche Ärzte-Verlags-Chef wirklich gesagt.
September 2003, Ausgabe Nr. 9