Kassenärzte drohen mit Firmen-Boykott
Die „ÄrzteZeitung“ zitiert den Vorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Richter-Reichhelm, dass die KBV solche Firmen auflisten und die Namen den Vertragsärzten mitteilen wolle. Er könne sich gut vorstellen, dass die Ärzte Präparate dieser Firmen nicht mehr verordnen würden. Aus der KBV, so die „ÄrzteZeitung“, verlautete, man solle die Wirksamkeit eines solchen Indexes nicht unterschätzen.
Auf Nachfrage versuchte die KBV allerdings, diese, gelinde ausgedrückt, massive Drohung abzuschwächen. „Nichts sei entschieden, noch denken wir erst nach“, hieß es aus dem Berliner Büro der KBV. Allerdings lasse sich die KBV nicht verbieten, „den Finger auf die Wunde zu legen“, wenn Fehlverhalten festzustellen sei. „Wir stehen für die Solidarität im Gesundheitswesen ein. Schließlich existiert das Gesetz und muss umgesetzt werden“ - koste es was es wolle, kann da nur hinzugefügt werden. Dass dieser Vorstoß des obersten deutschen Kassenarztes noch recht unausgegoren ist, legt die unsichere und abwiegelnde Haltung der KBV auf die Frage nahe, ob mit einem solchen Vorgehen nicht auch kartellrechtliche Probleme aufgeworfen würden.
Die Pharma-Industrie hält sich indes bedeckt. Sie will den Vorstoß der Ärzte derzeit nicht kommentieren, gibt der Leiter Kommunikation von Abbott, Dr. Peter Schiffer, zu Protokoll. Asta Medica verweist auf die Stellungnahme der Verbände. Die Verbandslobbyisten fragen sich nun zurecht, wie der Vorstoß der Kassenärzte mit der kritischen Haltung der bundesdeutschen Ärzteschaft insgesamt zu vereinen sei. Die Kassenärzte. sowie schon durch Aut-idem gebeutelt, müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, mit ihrem Vorstoß auf diesem gesundheitspolitischen Nebenkriegsschauplatz bei Gesundheitsministerin Ulla Schmidt Punkte sammeln zu wollen. Schließlich muss „die KBV mit dem Ministerium zusammenarbeiten. Das klappt mal besser und mal weniger gut“, hieß es aus der KBV-Verwaltung.
Mai 2002, Nr. 5