Kampagnenstart: „Leben mit HIV. Anders als du denkst?“
Die HIV-positiven Gesichter der Kampagne „Leben mit HIV. Anders als du denkst?“ treten Zumutungen in aller Deutlichkeit entgegen: Anika berichtet, wie in einer Reha-Einrichtung ein Schild auf ihrem Platz Personal und andere Gäste warnte: „HIV!“ Julia ließ sich aus ihrem familiären Umfeld zunächst Schuldgefühle einreden und wurde von Kindern ferngehalten – bis sie sich befreite. Lillian musste andere Eltern in der Kita aufklären, dass von ihrer Tochter keine Gefahr ausgeht. Sabine muss im Gesundheitswesen seit 35 Jahren erklären, dass sie keine Sonderbehandlung braucht und findet: „Es reicht!“ Und Psychologie-Student Olli, der auf Anraten anderer seine HIV-Infektion zunächst für sich behielt, geht mit dieser Kampagne einen großen Schritt. Er sagt der ganzen Welt: „Ich bin positiv.“
Die Geschichten der Protagonistinnen und Protagonisten werden in verschiedenen Formaten und Kanälen erzählt und sind ein wichtiger Teil der Aktivitäten zum Welt-Aids-Tag in Deutschland – auch bei vielen Aktionen vor Ort.
Björn Beck vom Vorstand der Deutschen Aidshilfe erklärt: „Dass es immer noch so viel Diskriminierung gibt, ist nicht hinnehmbar und niemand muss sich das gefallen lassen. HIV-positive Menschen ergreifen hier selbst das Wort und erteilen jeder Form von Benachteiligung eine klare Absage. Sie geben damit einen Einblick in ihren Alltag mit HIV und machen selbstbewusst deutlich, dass sie behandelt werden wollen wie alle anderen.“
HIV sei heute gut behandelbar, wenn auch noch nicht heilbar. Hoch effektive Medikamente verhinderten die Vermehrung des Virus im Körper. HIV-positive Menschen blieben bei rechtzeitiger Diagnose und Behandlung gesund und erkrankten nicht mehr an Aids. HIV ist unter Therapie auch nicht mehr übertragbar.
Im Jahr 2020 gaben bei einer Online-Befragung der Studie „positive stimmen 2.0“ 90 Prozent der Befragten an, sie würden gut mit ihrer HIV-Infektion leben. Drei Viertel fühlten sich gesundheitlich nicht oder nur wenig eingeschränkt. 95 Prozent berichteten jedoch von mindestens einer diskriminierenden Erfahrung in den letzten zwölf Monaten aufgrund von HIV. 52 Prozent gaben an, durch Vorurteile in ihrem Leben beeinträchtigt zu sein.
Benachteiligung und Zurückweisung kämen in allen Lebensbereichen vor: Menschen mit HIV würden im Job unterschätzt, beim Dating zurückgewiesen und im Gesundheitswesen mit überflüssigen Vorsichtsmaßnahmen traktiert. Sie hörten Schuldzuweisungen im familiären Umfeld und ernteten Ablehnung, wenn sie ihre Kinder in die Kita bringen.
Eine Umfrage der Deutschen Aidshilfe im Jahr 2020 offenbarte Wissenslücken und Berührungsängste. Knapp ein Viertel der Befragten wollte mit HIV-positiven Menschen lieber nicht Geschirr oder Sportgeräte teilen, ein Fünftel fürchtete sich, dieselbe Toilette zu benutzen. Nur die Hälfte der befragten Menschen würde eine HIV-positive Person küssen, die ihnen sympathisch ist. Dabei sei HIV in keiner dieser Situationen übertragbar, unter Therapie auch beim Sex nicht.
Der Welt-Aids-Tag ist der Tag der Solidarität mit HIV-positiven Menschen und des Gedenkens an die an Aids Verstorbenen. Er wird seit 1988 jedes Jahr am 1. Dezember begangen. Die wichtigsten Ziele sind ein diskriminierungsfreier Umgang und Zugang zu medizinischer Versorgung für alle Menschen weltweit.
In Deutschland lebten Ende 2020 nach Angaben des Robert Koch-Instituts 91.400 Menschen mit HIV. Weltweit waren es 2021 nach Angaben von UNAIDS 38,4 Millionen Menschen.