Neues Medtronic System für roboterassistierte Chirurgie

18.10.2021 16:38
Medtronic hat kürzlich die CE-Zulassung (Conformité Européenne) für das "Hugo"-robotergestützte Chirurgiesystem (RAS) erhalten. Das System basiert auf einer Technologie, die ursprünglich vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) für den Einsatz im Weltraum entwickelt wurde, um Roboter von der Erde oder der Internationalen Raumstation aus fernzusteuern.

Das DLR-Institut für Robotik und Mechatronik hat diese Entwicklung mit seinem MiroSurge-System für die Medizinrobotik nutzbar gemacht. Der erfolgreiche Technologietransfer dieses Systems wurde am Medtronic-Standort in Weßling, Bayern, abgeschlossen. Das dortige Medtronic Surgical Robotics Team arbeitete mit Kollegen aus mehreren anderen Standorten weltweit an der Hard- und Software für das Hugo RAS-System.

"Das Hugo RAS-System verkörpert die praktische Anwendung von Forschungsergebnissen, die das DLR mit MIRO erarbeitet hat. In Kooperation mit Partnern aus der Wirtschaft gelingt hier die Gestaltung von Innovationen bis zum Technologietransfer", sagt Prof. Dr. Karsten Lemmer, DLR-Vorstand Innovation, Transfer und wissenschaftliche Infrastrukturen.

Der Technologietransfer zwischen DLR und Medtronic zeige, wie starke Partnerschaften in der medizintechnologischen Forschung und Entwicklung Innovationen zum Wohle von Patienten voranbringen können. Um das Potenzial von Forschungskooperationen künftig noch besser nutzen zu können, sind nach Ansicht von Dorothee Stamm, Geschäftsführerin der Medtronic GmbH und Director Governmental Affairs DACH, Veränderungen der Rahmenbedingungen sinnvoll: "Die Bedürfnisse der Medizintechnologie werden insbesondere von der Wirtschafts- und Forschungspolitik bislang nur ausschnittsweise wahrgenommen. Konkret sollten Forschungskooperationen zwischen privatwirtschaftlichen und staatlichen Institutionen erleichtert und anwendungsorientierte Forschung stärker gefördert werden."

Um neue Produkte sinnvoll im hochkomplexen deutschen Gesundheitssystem entwickeln zu können, bedürfe es laut Stamm zudem der Möglichkeit, bestehende Strukturen zu validieren sowie den Einfluss neuer Innovationen auf diese einschätzen zu können. "Es ist ein direkter, barrierefreier Zugang zu anonymisierten Real-World-Daten für unsere Industrie notwendig. Der Mehrwert liegt dabei u. a. im Erkenntnisgewinn, wie Therapieverfahren in der Praxis angewendet werden. Mit einer gezielteren Forschung können bestehende Medizintechnologien weiter verbessert sowie neue Technologien entwickelt werden", erklärt Stamm.

Das deutsche Gesundheitssystem habe wie viele andere auf der Welt mit finanziellen Herausforderungen zu kämpfen, die sich aus der demographischen Entwicklung und dem Anstieg chronischer Erkrankungen ergeben. Gleichzeitig sei die Ergebnisqualität der Patientenversorgung zwischen den Akteuren oft sehr unterschiedlich. Robotergestützte Chirurgiesysteme wie das Hugo RAS-System könnten diese Situation positiv beeinflussen.

"Wir glauben, dass der Einsatz von RAS-Systemen letztlich dazu beitragen könnte, Operationsverfahren zu standardisieren und Ergebnisse reproduzierbar zu machen", sagt Karl Haider, Senior Director of Hardware Engineering und Standortleiter des Medtronic Surgical Robotics Teams in Weßling. "Gleichzeitig bietet die Technologie das Potenzial, unnötige chirurgische Schritte zu eliminieren und Ressourcen gezielter einzusetzen."

Das Hugo RAS-System biete die Vorteile der minimalinvasiven Chirurgie (MIC). Mit MIC seien weniger Komplikationen, kürzere Krankenhausaufenthalte, frühere Rückkehr zu täglichen Aktivitäten und kleinere Narben möglich.

Bei der Bedienung des Hugo-RAS-Systems sitze der Chirurg an einer offenen Konsole, die es ihm ermögliche, die Situation zu überblicken und die Kommunikation mit seinem OP-Team stets aufrechtzuerhalten. Er steuert die Roboterarme und -instrumente, die eine größere Bewegungsfreiheit als herkömmliche laparoskopische Techniken bieten. Dies ermögliche dem Chirurgen eine höhere Präzision, zumal er mit einem vergrößerten, hochauflösenden, dreidimensionalen Echtzeitbild des Operationsfeldes auf dem Monitor arbeiten kann.

"Die Zusammenarbeit zwischen Medizintechnikunternehmen, Klinikern, Krankenhausverwaltern und Forschungseinrichtungen wie dem DLR ist entscheidend für die Entwicklung sinnvoller Lösungen für die Herausforderungen im Gesundheitswesen", sagt Megan Rosengarten, President des Geschäftsbereichs Surgical Robotics, der zum Medical Surgical Portfolio von Medtronic gehört. "Deshalb glauben wir, dass das Hugo RAS-System den Zugang zur robotergestützten Chirurgie erleichtern wird, auch in Westeuropa, wo heute nur etwa 2 % der Eingriffe robotergestützt durchgeführt werden."

Das Hugo RAS-System ist nach Unternehmensangaben in bestimmten Regionen kommerziell erhältlich. Die regulatorischen Anforderungen der einzelnen Länder und Regionen bestimmen die Zulassung, Freigabe oder Marktverfügbarkeit. In der EU ist das Hugo RAS-System CE-gekennzeichnet. In den USA sei das Hugo RAS-System ein nicht zum Verkauf bestimmter Forschungsgegenstand.