Digitale Tools für den optimalen Zugang

04.08.2020 15:52
In den vergangenen Jahren kamen verstärkt digitale Tools für den Pharmavertrieb auf den Markt. Im Gespräch mit „Pharma Relations“ gibt Holger Schönecker, Geschäftsführer der Karlsruher Pharmakon Software GmbH, Einblicke in die Entwicklung. Er berichtet von Ängsten auf Seiten der Vertriebsmitarbeiter durch digitale Lösungen ersetzt zu werden. Doch Schönecker ist überzeugt, dass es auch in Zukunft persönliche Kontakte zu den Ärzten geben wird. Allerdings werden digitale Tools Vertriebsmitarbeiter auch in der Pharmabranche immer raffinierter dabei unterstützen, den optimalen Zugang zum Kunden zu finden. Denn klar sei auch, so Schönecker, dass „die Bedeutung von nützlichem Content weiter steigen wird und Ärzte immer mehr selbst entscheiden werden, wann und in welcher Form sie Informationen empfangen möchten“.

>> Herr Schönecker, Sie verfügen über mehr als 20 Jahre Erfahrung im Bereich CRM und Softwarelösungen im Bereich Pharmavertrieb. Wie hat sich aus Ihrer Sicht der Bereich digitale Lösungen für den Pharmaaußendienst in den vergangenen Jahren entwickelt?
Die Digitalisierung im Pharmavertrieb ist längst in vollem Gange. Bereits in den 90er Jahren haben viele Außendienste auf Software-Lösungen umgestellt, reine Papiersysteme haben so gut wie ausgedient.
Bei Pharmakon waren wir von Anfang an mit dabei: Zunächst waren noch Notebooks im Einsatz, aber bereits vor mehr als zwanzig Jahren haben wir alle Außendienste mit mobilen Endgeräten ausgestattet. Die Dokumentation der Musterabgabe per elektronischer Unterschrift ist so ein Kinderspiel.
Seither hat sich die Technologie stetig weiterentwickelt. Heute werden Offline-Funktionen durch Online-Zugriff auf wertvolle Informationen ergänzt, was durch die Verfügbarkeit von mobilen Datennetzen erst möglich wurde.

Inwiefern haben sich in den letzten 20 Jahren auch die Aufgabenstellungen und Anforderungen, die die Kunden an Sie herantragen, verändert? Sind die Kunden aus der Pharmabranche bereit, sich der digitalen Transformation auch im Vertrieb verstärkt zu öffnen?
Während anfangs häufig die IT-Abteilungen digitale Projekte initiiert hatten, kommen die Anforderungen heute zunehmend direkt von den Anwendern aus Marketing und Vertrieb.
Im Vordergrund steht nun die exakte Abbildung von Vertriebsprozessen, um alle Mitarbeiter bei der Erreichung der Unternehmensziele optimal zu unterstützen. Eine intuitive Benutzeroberfläche hat einen hohen Stellenwert, da sie die Akzeptanz eines Systems deutlich erhöht. Kontinuierliches Feedback z.B. über Dashboards hilft dem Vertrieb, seine Ziele im Auge zu behalten und zuverlässiger zu erreichen.

Der Beginn der Corona-Pandemie hat deutlich gemacht, wie wichtig digitale Lösungen auch im Pharmaaußendienst sind, denn der physische Besuch ist bis dato nur höchst eingeschränkt bei den Ärzten möglich. Welche digitalen Lösungen sind in Corona-Zeiten besonders gefragt, um den Kontakt zu den Ärzten ad hoc und kurzfristig auch virtuell aufrechtzuerhalten?
Digitale Lösungen waren zu Beginn der Kontaktbeschränkungen bei den meisten Unternehmen bereits vorhanden, die Herausforderung war vielmehr, Prozesse anzupassen.
Innerhalb kürzester Zeit wurde beispielsweise von einer Tourenplanung mit Gebietskarte auf eine telefonische Beratung umgestellt. Unter Beibehaltung des Targeting wurden Kontaktkanäle und -frequenzen an die neue Situation adaptiert, um die wichtigsten Zielgruppen möglichst schnell zu erreichen. Kontinuierliche Auswertungen helfen dabei, die Arbeitsweise schrittweise zu optimieren.
Flexible CRM-Systeme, die schnelle Anpassungen ermöglichen, erweisen sich gerade in einem so schnell veränderlichen Umfeld als sehr vorteilhaft. Kunden von Pharmakon waren hier deshalb sehr gut aufgestellt.

Haben die Corona-bedingten Limitationen bei den klassischen physischen Arzt-Außendienst-Besuchen dem Thema „digitaler Wandel“ nachhaltigen Auftrieb gegeben? Oder geht es post Corona eher wieder zurück zum „bewährten“ klassischen Außendienst-Modell?
Als Ärzte und teilweise auch Apotheken keine Besucher der Industrie mehr empfangen konnten, ist die Nutzung alternativer Kontaktkanäle zunächst rapide angestiegen. Physische Besuche sind mittlerweile zwar wieder möglich, dennoch hören Pharmaberater häufig von Ärzten, dass sie sich „noch“ keine Besuche wünschen. 
Im Vertrieb gibt es oft Ängste, durch die neuen digitalen Tools irgendwann ersetzt zu werden. Für einen nachhaltigen Effekt genügt es aber nicht, neue Software zu installieren. Alle Beteiligten müssen die neuen Strategien kennen, d.h. die verschiedenen Kontaktkanäle optimal und individuell (digital und persönlich) nutzen. Sie müssen darüber hinaus im Umgang mit den Tools geschult werden. Es wird also sicher nicht genauso weitergehen wie vor Corona – trotzdem wird der persönliche Kontakt zum Kunden weiter von großer Bedeutung sein.

Wie sieht aus Ihrer Erfahrung die Implementierung digitaler Vertriebslösungen aus, die langfristig Erfolge erzielen sollen?
Langfristige Erfolge entstehen immer dann, wenn digitale Vertriebslösungen optimal auf die Ziele und die Strategien des Unternehmens abgestimmt sind.
Wird ein neues Medikament eingeführt oder werden langjährige Kundenbeziehungen gepflegt? Bietet das Unternehmen seinen Kunden hochwertige Schulungen an oder hat es die besten Konditionen?
Ein klar definiertes Vorgehensmodell, das die Aufnahme und Analyse der Zielsetzungen beinhaltet, ist die Voraussetzung für ein erfolgreiches Projekt. Ein kontinuierlicher Austausch aller Beteiligten während der Umsetzung gewährleistet, dass die gesteckten Ziele termingerecht erreicht werden.
Für erfolgreiche Pharma-CRM-Projekte hat Pharmakon ein Toolkit mit Checklisten erstellt, welches Interessenten über unsere Homepage kostenlos bestellen können.

Was kann man heute mit Hilfe digitaler Außendienstlösungen bereits erreichen und umsetzen?
Der Funktionsumfang dieser Systeme ist in den letzten Jahren stetig gewachsen. Digitale Lösungen sind zum zentralen Werkzeug der Vertriebsmitarbeiter in der Außendienst-Ärzte-Kommunikation geworden. Von der Analyse über die strategische Planung bis hin zum Kampagnen- und Veranstaltungsmanagement ist inzwischen vieles möglich. Auch digitale Kanäle wie Remote-Detailing, E-Mails, Videokonferenzen, Portale etc. sind nahtlos integriert und einfach zu nutzen. Darüber hinaus sind digitale Außendienst-Schulungen möglich.

Könnten Sie das an Beispielen veranschaulichen?
• Beispiel Vertriebsleiter: Diese definieren Strategien und Ziele Ihres Teams und optimieren das Targeting direkt im CRM. Die präferierten Kontaktkanäle werden für jeden Kunden individuell und automatisiert bestimmt.
• Beispiel Vertriebsmitarbeiter: Diese werden bei der konkreten Planung ihrer persönlichen Aktivitäten unterstützt und erhalten unmittelbares Feedback zum Erfolg.
• Beispiel Marketing: Hier werden neue digitale Materialien für jeden Schritt der Customer Journey konzipiert, die dann in die Kampagnen eingefügt werden.

Gibt es Grenzen bzw. Limitationen, zu denen Sie sagen würden: „Diesen gewünschten Effekt können wir digital nicht erreichen?“
Veranstaltungen, bei denen vor allem Networking im Vordergrund steht, lassen sich aktuell nur schwer digital abbilden. Es gibt zwar Ansätze, Vorträge und persönlichen Austausch mit Netzwerkfunktionen zu verbinden, persönlich glaube ich aber nicht, dass diese Digitalkonferenzen schon bald Kongresse ersetzen werden.

Welche Innovationen im Bereich digitaler Vertriebslösungen sind in nächster Zeit zu erwarten?
Die Pharmabranche ist kein Vorreiter bei digitalen Innovationen. Um zu erahnen, was als Nächstes kommt, lohnt ein Blick auf vollständig digitalisierte Branchen wie den Onlinehandel. Mit Hilfe künstlicher Intelligenz werden Kunden zum richtigen Zeitpunkt mit ausgewählter Information versorgt und somit individuell angesprochen. Gerade im Apotheken- und Klinikbereich, wo detaillierte Daten vorliegen, sind solche KI-Anwendungen schon heute möglich. Ob die dazu notwendigen umfangreichen Daten bei Ärzten legal zur Verfügung stehen werden, bleibt aber fraglich.

Wie sieht ihr persönliches Vertriebsmodell in der Pharmabranche in ca. fünf Jahren aus?
Die Bedeutung von nützlichem Content wird weiter steigen und Ärzte werden immer mehr selbst entscheiden, wann und in welcher Form sie Informationen empfangen möchten. Dies wird dazu führen, dass digitale Kanäle an Bedeutung gewinnen und Besuche weniger häufig nachgefragt werden.
Intelligente Software unterstützt den Vertrieb, den jeweils optimalen Kontaktkanal zum richtigen Zeit einzusetzen. Auch wenn viele Schritte automatisiert werden können, steigen die Anforderungen an den Vertriebsmitarbeiter. Er behält den Überblick und setzt seine Hilfsmittel gezielt ein. Wir bei Pharmakon unterstützen ihn dabei.
Administrative Tätigkeiten werden reduziert und Reisezeit eingespart. Dies setzt Ressourcen frei für hochwertige Tätigkeiten:
• Mehr digitale Kontakte über unterschiedliche Medien,
• Persönliche Betreuung von Key Accounts,
• Strategisches Management im eigenen Gebiet.
Neue digitale Tools wie die von Pharmakon werden Vertriebsmitarbeiter auch in der Pharmabranche immer raffinierter dabei unterstützen, den optimalen Zugang zum Kunden zu finden. Den Menschen werden sie aber nicht ersetzen können.

Herr Schönecker, vielen Dank für das Gespräch. <<

Ausgabe 08 / 2020

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