Ideale Verknüpfung von digital und persönlich
>> Das Geschäftsjahr 2018 wurde nach Einschätzung von Benjamin Rapp (Ashfield Healthcare) besonders von den Änderungen im Gesetz zur Arbeitnehmerüberlassungen geprägt. „Die damit verbundene Höchstüberlassung auf 18 Monate sowie die Equal Pay und Equal Treatment Gebote schränken die Flexibilität der Pharmahersteller deutlich ein“, erklärt Rapp. Das habe zur Folge, dass es in der CSO-Branche eine geringere Nachfrage nach Außendienstmitarbeitern in Arbeitnehmerüberlassungen gegeben habe. „Auf der anderen Seite wurden mehr exklusive Vertriebsteam, die wir selber führen und steuern nachgefragt“, führt der DACH-Geschäftsführer von Ashfield aus und ergänzt: „Wir stellen zudem fest, dass immer mehr Kunden ganzheitliche Services wie die Kombination aus Außendienst, Vertriebsinnendienst, digitale Kommunikation und Business Analyse bei uns buchen.“ Ziel bei allem Tun ist laut Rapp, dass jede Vertriebsaktivität dem Kunden einen Mehrwert bietet.
Katrin Wenzler (Marvecs) erwähnt beim Blick auf das Geschäftsjahr 2018, dass besonders die Nachfrage nach Dienstleistungs- und Partneringteams, Unterstützung im OTC- und Medizinprodukte-Bereich sowie Multi-Channel-Vertriebsstrategien gestiegen sei. Diese hohe Auftragslage führe wiederum dazu, „dass wir vor der Herausforderung stehen, geeignete Kandidaten im gewünschten Zeitrahmen zu finden“. Ein Problem bei der Rekrutierung sei die „angespannte Lage im Bewerbermarkt“. Marvecs habe auf die Herausforderungen mit ständigen Verbesserungen am Bewerbungsmanagement reagiert. Hinzu kam eine strategische Neuausríchtung beim Ulmer Pharmadienstleister. Da 2018 verstärkt Firmen aus dem europäischen und asiatischen Ausland an das Unternehmen herangetreten sind, entwickelte Marvecs das strategische Konzept „Go to Germany“. „Das bedeutet“, so Wenzler, „wir stellen nicht nur die Vertriebsstrukturen auf, sondern bietet beispielsweise auch die Markt-Expertise für den Launch eines Produktes sowie die IT- und Personal-Infrastruktur.“
Ebenfalls auf ein „erfreuliches Geschäftsjahr“ blickt Wolfgang Höfers (good healthcare group) zurück. „Das ist nicht nur für uns erfreulich, sondern vor allem für unsere innovative Art des Pharmavertrieb, die sich endgültig als fester Bestandteil des Pharmavertriebes etabliert hat.“ An der steigenden Anzahl von Anfragen und zahlreichen neuen Kunden für die Services und Produkte der good healthcare group lasse sich sehr schön ablesen, dass die Notwendigkeit von ganzheitlichen Konzepten bei den Pharmaunternehmen angekommen sei, so Höfers.
Zeitgemäße und zielgruppenschonende Ansprache gefragt
Und Höfers geht in seiner Bewertung des eigenen Geschäftsjahres noch einen Schritt weiter und betrachtet die Entwicklung ganzheitlicher. So hätten die Entscheider verstanden, dass sie ihre Ansprechpartner ohne eine zeitgemäße und vor allem zielgruppenschonende Ansprache nicht mehr erreichen können. „Das ist ein wichtiger Schritt, um das angespannte Verhältnis zwischen den Akteuren im Gesundheitssystem wieder zu entspannen“, macht Wolfgang Höfers deutlich. Denn: Genau wie die Entscheider auf Pharmaseite akzeptierten, dass sie neue Strategien und Methoden implementieren müssten, um Healthcare-Professionals zielgerichtet anzusprechen, so würden Ärzte, MFAs und Apotheker spüren, dass ihnen zugehört werde und ihre Wünsche und Anforderungen an die notwendige Kommunikation umgesetzt würden.
Monika Beintner (IQVIA) hat auch 2018 „ein nach wie vor immer enger werdendes Angebot an qualifizierten Mitarbeitern für den Pharmaaußendienst“ beobachtet. Auf der anderen Seite stünden die Unternehmen unter einem enormen Druck und müssten schnell und flexibel auf sich ändernde Marktgegebenheiten reagieren. Aufgrund dieser Entwicklungen hätten die neuen Integrated Solutions von IQVIA eine steigende Nachfrage im vergangenen Jahr verzeichnet. Es handelt sich laut Beintner dabei um modulare Dienstleistungen, die von einer fundierten Analyse des Marktes inklusive der Patientenpfade über ein maßgeschneidertes Targeting und Vertriebs-Design bis hin zur KPI-basierten Messung und Steuerung eines hochprofessionellen Teams reichten, das heißt Übermittlung der Botschaft an den richtigen Kontakt zur richtigen Zeit über den richtigen Kanal.
Pharmavertrieb bleibt der wichtigste Marketingkanal
Beintners Kollegin bei IQVIA, Susanne van der Beck, ergänzt: „Auch wenn wir weltweit und in Deutschland leichte Rückgänge in der Anzahl des Pharma-Außendienstes sehen, bleibt der Pharmavertrieb weiterhin der wichtigste Marketingkanal.“ Als besondere Herausforderung für die Mitarbeiter benennt van der Beck die Digitalisierung und die damit einhergehenden Veränderungen. Dabei müsse man insbesondere den veränderten Erwartungen der Healthcare Professionals Rechnung tragen. „Diese Erwartungen beziehen sich sowohl darauf, wann als auch wie sie informiert werden möchten, und diesem ‚Change‘ sollte der Pharmavertrieb positiv begegnen und ihn als Chance verstehen“, sagt van der Beck.
Den Blick auf die Zukunft gerichtet zeigt sich Benjamin Rapp überzeugt, dass der Trend zu ganzheitlichen Services weitergehen werde. „Mit ‚The Ashfield Solution‘ bieten wir ein vollständig integriertes Vertriebsmodell mit einer auf KI-Technologie basierenden Analytics Engine an, welches kontinuierlich den Kanalmix optimiert und so den Return on Invest maximiert.“ Mit der Gründung von Headexpert wolle man die Nachfrage nach Spezialisten wie MSL-Managern, Vertriebsmanagern und anderen Fach-und Führungskräften noch präziser bedienen können. Als ein zentrales Thema in 2019 eruiert Rapp den „War for Talents“. „Deshalb haben wir wir im Bereich IT-Systeme und Social Media sowie in unser Recruitment-Team massiv investiert, um die Prozesse in der Rekrutierung zu optimieren.“
Für Katrin Wenzler steht der Ausbau und die noch stärkere Verknüpfung von Multi-Channel-Möglichkeiten mit bestehenden Außendienstlösungen auch 2019 im Fokus.
Der klassische Pharmareferent bleibt auch in Zukunft persönlicher Ansprechpartner
Der Bedarf an Unterstützung und Bereitstellung von integrierten Vertriebsservices durch die Pharmadienstleister werde durch den globalen und schnelllebigen Markt auch im kommenden Jahr weiter wachsen, lautet Monika Beintners Prognose. Auch sie nennt die Digitalisierung als einer der Treiber dafür, dass neue Aufgaben auf die Vertriebsmitarbeiter dazukommen. Trotz aller Veränderungen werde der klassische Pharmareferent auch weiterhin im Mittelpunkt stehen: „Er bleibt persönlicher Ansprechpartner für seine Kunden, und ist hochqualifizierter Experte für die Produkte“.
Mit Blick auf die nächste Entwicklungsstufe des Pharmavertriebs sieht Susanne van der Beck vor allem eine zunehmende Spezialisierung. „Wir werden zukünftig kleinere Teams haben, jedoch mit ausgeprägten fachlichen Fähigkeiten, und die Aktivitäten dieser Teams müssen mit den digitalen Kanälen gut abgestimmt sein.“ Ein ganz klarer Trend gehe dabei in Richtung „Remote Detailing“. „Das heißt der Pharmavertrieb spricht mit dem Arzt über z.B. Skype oder andere Remote-Techniken“, so van der Becks Fazit bezüglich der Entwicklungen im kommenden Jahr.
Digitalisierung als Treiber für die zukünftige Entwicklung – im Prinzip ein alter Hut
Auch Wolfgang Höfers erklärt, dass auch 2019 die Digitalisierung ein Thema sei – auch wenn es wie ein alter Hut klinge. Gemäß dem unternehmenseigenen Motto „dynamisch, aber behutsam“ werde man die Entwicklung innovativer Vertriebslösungen weiter fortsetzen. „Der Pharmavertrieb darf also nicht stehen bleiben, sondern muss neue Entwicklungen und Technologien begrüßen und im besten Fall selbst vorantreiben.“ Der Bereich digitale Video-Kommunikation werde zunehmend eine Rolle spielen, aber auch die Weiterentwicklung sozialer Plattformen oder die Einbindung von Augmented Reality würden für den Pharmavertrieb immer bedeutender.
Neben den technischen Möglichkeiten wird es nach Aussage Höfers im nächsten Jahr vor allem um die „Neuerfindung des klassischen Vertriebs“ gehen. Er stimmt mit Monika Beintners Einschätzung zur Bedeutung des persönlichen Kontakts überein, in dem er sagt: „Egal wie digital die Kommunikation wird – ohne persönlichen Kontakt wird die sensible Branche auch in Zukunft nicht auskommen.“ Seine wahre Stärke werde der Außendienst jedoch in der sinnvollen Zusammenarbeit mit dem omnimedial orchestrierten Möglichkeiten inklusive Innendienst durch Multichannel Manager entfalten können, konstatiert Höfers. In Tandem- oder Hybridteams aus Innen- und Außendienst könnten Healthcare-Professionals stets auf genau den Kanälen und zu der Zeit angesprochen werden, die für sie gerade am passendsten sind. Doch diese Anforderung könne der Außendienst allein nicht leisten. „Der Healthcare-Professional bekommt dabei das Steuer in die Hand und gibt den Weg vor“, beschreibt Wolfgang Höfers seine Vorstellung der zukünftigen Entwicklung des Pharmavertriebs. Höfers Resümee: „Der souveräne und selbstbestimmte Arztkontakt ist keine Vision mehr, sondern Wirklichkeit.“ <<