Nachhaltige Kommunikation auf Augenhöhe

06.12.2021 23:00
Seit der Gründung verzichtet die InfectoPharm Arzneimittel und Consilium GmbH auf ein klassisches Außendienstmodell und baut stattdessen auf den internen Wissensservice „consilium“. Welchen Stellenwert dieser Informationsdienst innerhalb des familiengeführten Unternehmens einnimmt, zeigt sich unter anderem darin, dass er im Firmennamen präsent ist. Wir sprachen mit Dr. Andreas Rauschenbach, Leiter Ärzteservice und Kommunikation bei InfectoPharm, über die Besonderheiten von „consilium“, den Mehrwert, den der Service den Ärzt:innen bietet und welche weiteren Entwicklungen in Zukunft zu erwarten sind. Ein wesentlicher Bestandteil des Erfolgsrezeptes: „Wir sind ansprechbar, wir sind interessiert, die Kommunikation verläuft auf Augenhöhe. Und wir hören nie auf, noch besser werden zu wollen!“

>> Herr Dr. Rauschenbach, seit der Gründung verzichtet das familiengeführte Unternehmen InfectoPharm auf das „klassische Außendienstmodell“, sondern setzt auf den internen Wissensservice „consilium“ zum Austausch und zur Information von Ärzt:innen. Was waren die Gründe und die Motivation diesen eher außergewöhnlichen Weg einzuschlagen und „consilium“ zu gründen?
Der Grund war ein ganz praktischer, aber unsere Idee dahinter kreativ und über alle Jahre hinweg erfolgreich. Als kleines Startup ist InfectoPharm 1988 mit einem Antibiotikum-Saft in den Markt eingestiegen. Das Ziel waren Arzneimittel, die speziell auf die Bedürfnisse von Kindern zugeschnitten sind, die sich ihrem Wachstum gemäß dosieren lassen und die möglichst schon für Säuglinge zur Verfügung stehen. Den auch heute noch in der Pädiatrie verbreiteten Off-Label-Use von Medikamenten, die eigentlich für Erwachsene zugelassen sind, wollten wir deutlich vermindern. Der pharma-übliche Außendienst war für das kleine, junge Unternehmen schlicht zu teuer, aber auch zu wenig nachhaltig.

Wie charakterisieren Sie Ihren Wissensservice?
Das consilium ist unser Weg geworden, mit unseren wichtigsten Kunden, den Ärztinnen und Ärzten, in Verbindung zu treten – auf eine langfristig ausgelegte Art, von der alle profitieren. Der Service consilium richtet sich an verschiedene medizinische Fachkreise und ist durchweg produktneutral und kostenlos. Über sehr praxisnahe Fortbildungen, eine wissenschaftliche Beratung und professionelle Zeitschriften bieten wir Wissen in verschiedenen Medien und über verschiedene Kanäle an. Das consilium ist eine Art Kommunikationsplattform, auf der Ärzte auch die für sie so wichtigen Fortbildungspunkte erwerben können. Über 6.000 Fachärztinnen und -ärzte machen davon jährlich Gebrauch. Es funktioniert, weil wir uns über die Jahre ein unterstützendes Netzwerk von beratenden und lehrenden Ärzten aufgebaut haben, die unsere Idee des Austausches und der Wissensvermittlung mittragen. Angefangen haben wir mit nur acht Professoren, heute stehen über 300 Expertinnen und Experten zur Verfügung. Wir wiederum erfahren über das consilium aus erster Hand von den Themen der Ärzte und was die Heilkunde benötigt.
Das consilium ist neben den Präparaten der ebenso geliebte Zwilling, deswegen tragen wir es als „InfectoPharm Arzneimittel und Consilium GmbH“ im Namen.

Lassen Sie uns die Entwicklung des Wissensservice betrachten. Welche Erfahrungen und Learnings habe sich in dieser Zeit aufgebaut, die die Entwicklung nachhaltig beeinflusst haben? Was zeichnet diesen Service aus und was sind Ihrer Einschätzung nach die Besonderheiten und Unterscheidungsmerkmale zum „klassischen Außendienst“?
Beim consilium kommen die Ärzte zu InfectoPharm. In dem Moment, der ihnen am besten passt. Ich kann nur spekulieren, wie viele Außendienstbesuche zu einem unpassenden Zeitpunkt geschehen und damit nutzlos verlaufen. Das trägt auch wesentlich zu unserem Ziel der Klimaneutralität bei. Im Rahmen unserer unternehmensweiten Aktion InfectoGreen für mehr Nachhaltigkeit, Klima- und Umweltschutz haben wir das mal berechnet. Ein Pharmaunternehmen unserer Größe würde üblicherweise 55 Außendienstler unterhalten, die an 230 Arbeitstagen jährlich 8 Kontakte pro Tag pflegen und dazu 50.000 km Strecke pro Jahr zurücklegen. Bei einem Diesel-Verbrauch von 6 Litern auf 100 Kilometern und dem Faktor 2,64 kg CO2 pro Liter sparen wir etwa 435 Tonnen CO2 im Jahr ein.
Auf unseren Fortbildungen selbst bieten wir Teilnehmenden attraktive Kooperationen mit der Deutschen Bahn an und halten die Termine an gut erreichbaren Orten bundesweit ab. Zunehmend setzen wir auch auf das digitale Format. Wir entwickeln den Ursprungsgedanken der Nachhaltigkeit einfach immer weiter. Die Corona-Pandemie hat uns dazu einen abrupten, kraftzehrenden, aber im Nachhinein auch dankenswerten Impuls Richtung Digitalisierung gegeben.

In welchen Indikationen bieten Sie den Service an?
Angefangen haben wir vor über 30 Jahren mit der pädi-atrischen Infektiologie, dem consilium infectiorum. Sie ist auch immer noch ein sehr wichtiger Baustein. InfectoPharm führt neben Präparaten für die Kinderheilkunde auch essenzielle Spezialantibiotika, die gegen multiresistente Keime helfen und extrem wichtig im Klinikbetrieb sind. Später hinzugekommen sind die Dermatologie und die Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde sowie die Geriatrie. Für Hebammen und Apotheker bietet unsere Tochterfirma Pädia mit ihrem OTC-Portfolio und durchweg rezeptfreien Produkten einen vergleichbaren Service an.

„consilium“ basiert auf den drei Säulen „Beratung“, „Fortbildung“ und „Publikation“. Welchen Nutzen und Mehrwert bietet „consilium“ konkret für die Ärzt:innen? Kann man den Wissensservice als Bündelung verstehen von internem und externem Fachwissen, das je nach Fragestellung genutzt und zusammengeführt wird?
Das ist genau richtig: Wir haben auch intern einen großen qualifizierten Stab wissenschaftlicher Mitarbeitender aufgebaut. Sie nehmen die im Beratungsservice eingehenden Fragen der Ärzte an und vermitteln die Antwort, erstellen Publikationen oder Präsentationen. Diese Wissenschaftlichkeit ist sehr wichtig und ebenso, dass alle Angebote ohne werbliche Inhalte vermittelt werden. Für die Produktneutralität und durchgehend hohe Qualität steht die Zertifizierung durch die Landesärztekammern.
Gerade der Beratungsservice ist sicher ein hoher Mehrwert. Wie oft hätten Ärzte gerne eine zweite fachliche Meinung oder einen kollegialen Rat? Besonders die niedergelassenen Ärzte arbeiten zumeist nicht in einem Team, in dem sie niedrigschwellig medizinische Fragen diskutieren können. Sie können dann im consilium eine Anfrage stellen, die anonymisiert und sehr zeitnah beantwortet wird. Wir archivieren und verschlagworten jede Anfrage, so dass frühere ähnliche Anfragen schnell gefunden und zur Beantwortung verwendet werden können. Die wissenschaftlichen Mitarbeitenden leiten neue und komplexe Fragen an ausgewiesene Experten weiter und geben deren Antworten persönlich wieder zurück. Im Juli 2020 haben wir die 10.000 Expertenantwort erhalten.
Weitere Ärzte profitieren von den eingehenden Fragen, weil wir diese sammeln und mitsamt der Antworten in einer beliebten Publikationsreihe veröffentlichen, den Frage-und-Antworten-Heften. Zudem führen wir auch Themenhefte zur Vertiefung eines Themas, einer Indikation, und Zusammenfassungen von unseren Kongressen, den consilium live.

Mit Blick auf das Thema „Fortbildungen“: Gerade durch die Coronapandemie getrieben wurden Fortbildungen zunächst ausschließlich und nun verstärkt virtuell angeboten. Wie schätzen Sie die künftige Entwicklung ein? Welche Trends sind erkennbar?
In der Pandemie waren die zweitägigen Frühjahr- und Herbst-Kongresse unseres großen consilium live reine Online-Veranstaltungen. Das Gute daran war, dass wir die Live-Vorträge, in die sich die Teilnehmenden einwählten, anschließend über unsere Webseite einem noch breiteren Publikum anbieten konnten. Es ist noch nicht absehbar, ob Online-Fortbildungen tatsächlich in Kürze dominieren werden. Unsere Erfahrung zeigt, dass auch Präsenzveranstaltungen immer noch zügig ausgebucht sind. Die Kür sind wahrscheinlich gut funktionierende „Hybride“. Dabei handelt es sich aber auch organisatorisch um „zwei in einem“, was einen relativ hohen Einsatz an Ressourcen erfordert und dementsprechend zunächst nur punktuell angeboten werden kann.

Könnten Sie das „Wissen wirkt.“-Prinzip, auf das InfectoPharm baut, vielleicht an einem Beispiel veranschaulichen?
Das beste Beispiel begegnet uns schon in unserer Gründungsgeschichte. Die Gründer, Dr. Manfred und Monika Zöller, haben selbst ganz eindrücklich erfahren, dass die damaligen Antibiotikasäfte für Kinder viel zu bitter schmeckten. Ihre beiden damals noch kleinen Kinder waren nur schwer zur Einnahme ihres Medikaments zu bewegen. Vielleicht kennen Sie das auch. Ein Präparat ist aber immer nur so gut und wirksam, wie es auch gerne und damit meist korrekt eingenommen wird. Mit galenischem Wissen entwickelte Dr. Zöller neue Antibiotikasäfte, die besser schmeckten, höher konzentriert waren und/oder weniger oft eingenommen werden mussten. Die ersten vier Säfte nach unserer Gründung 1988 waren sehr erfolgreich: InfectoCillin, InfectoBicillin, InfectoMycin und InfectoMox gibt es noch heute.
„Wissen wirkt“ liegt auch dem consilium zugrunde und ist eng verbunden mit unseren Präparaten. Viele unserer Produkte sind erst daraufhin entwickelt worden, weil wir die ärztlichen Praktiker immer wieder fragen: „Welche Medikamente wünschen Sie sich, was würde helfen?“ Gemeinsam können wir so die Therapiepalette weiterentwickeln und Lücken schließen.

Dazu zählt für Sie auch, ein Verständnis bei Patientinnen und Patienten aufzubauen?
Ein medizinisches Verständnis aufzubauen ist auch bei den Patientinnen und Patienten ganz wichtig. Richtig informierte, aufgeklärte Patienten bzw. deren Eltern können besser mit ihrer Erkrankung umgehen und die Behandlung unterstützen. Deswegen bieten wir über die Ärzte oder zum Download auf unserer Homepage kleine, verständlich geschriebene Ratgeber an. Sie erklären inzwischen die 30 häufigsten Beschwerden, erläutern Hintergründe und geben praktische Tipps zum Gesundwerden. Die Informationen sind gesichert. Damit bilden sie ein wertvolles Gegengewicht zu den oftmals fragwürdigen bis falschen Funden aus dem Internet.

Was schätzen Ihrer Erfahrung nach die Fachkreise und Ärzt:innen besonders an „consilium“? Wie haben sich die Erwartungen Ihrer Zielgruppe an die Informationsvermittlung und Wissensaufbereitung im Laufe der Zeit verändert? Was ist heute möglich, was vielleicht noch vor Jahren als NoGo betrachtet wurde?
Ein wesentlicher Faktor in der Vermittlung von Expertenrat ist sicherlich die Kombination aus persönlicher Bearbeitung und Schnelligkeit, gepaart mit riesiger fachlicher Breite. Wir finden fast auf alles eine Antwort.
Die Fortbildungsveranstaltungen des consilium sind – verglichen mit vielen anderen ähnlichen von Pharmaunternehmen – wirklich völlig produktneutral. Verglichen mit denen von wissenschaftlichen Gesellschaften sind sie sehr praxisnah. Wir sagen: „Hier lernen Sie etwas am Samstag, was Sie schon direkt am Montag in Ihrer Praxis umsetzen können“. Fortbildungen, die von Kliniken selbst organisiert werden, sind wiederum sicherlich inhaltlich phantastisch, es fehlt aber oft an einer Struktur für eine professionelle Organisation.

Welche Neuerung gibt es in dem Bereich?
Neu – und daran hat vor einem Jahr noch niemand ernsthaft gedacht – ist zum Beispiel ein sehr bodenständiger Podcast, in dem sich jeweils zwei praktizierende, erfahrene Ärzte über verschiedene Kinderkrankheiten und die besten Therapien unterhalten. Dr. Axel Enninger als Gastgeber ist schon lange Experte und Referent im consilium. Überhaupt ist die digitale Erfahrung aller Beteiligten im consilium wesentlich angewachsen, so dass wir heute digital viel kompetenter und vielschichtiger agieren.

Kürzlich wurden Infectopharm und „consilium“ vom F.A.Z. Institut ausgezeichnet: InfectoPharm gehört demnach zu den fünf Pharmaunternehmen, die als beste Berater/Kundenberater ausgezeichnet wurden. Zudem zählt das Familienunternehmen zu den drei vertrauenswürdigsten Unternehmen seiner Branche. Was bedeutet Ihnen und den Mitarbeiter:innen eine solche Auszeichnung? Und was nehmen Sie davon mit zur Weiterentwicklung Ihres Wissensservices?
Vertrauen ist eine über die Jahre gewachsene Verbindung, die auf vielen kleinen, positiv verlaufenen Berührungspunkten oder Begegnungen beruht. Irgendetwas machen wir daher gut. Wir freuen uns über die Bestätigungen in Form dieser Auszeichnungen. Vielleicht spielt eine große Rolle, dass wir ein mittelständisches Familienunternehmen sind und sehr nahbar. Ein Mitglied der Gründerfamilie ist auch heute noch auf jeder Fortbildung vor Ort dabei. Man kennt die Menschen „dahinter“. Wir sind ansprechbar, wir sind interessiert, die Kommunikation verläuft auf Augenhöhe. Und wir hören nie auf, noch besser werden zu wollen!

Könnten Sie Ihre Vorgehensweise als Blaupause für andere Unternehmen empfehlen, sprich „Erfolg ohne Außendienst“?
Blaupausen sind immer schwierig. Unser Weg verlangt einen definitiv langen Atem und eine kundenorientierte Kultur im Mittelpunkt. Das heißt für uns ganz grundlegend, immer in Gesprächen nachzufragen und dann genau zuzuhören: Wie erleben die Kundin und der Kunde diese Situation? In welcher Welt bewegen sie sich?

Was ist die Voraussetzung, um erfolgreich – auch ohne AD – mit den Ärzt:innen zu kommunizieren und sich auszutauschen?
Wichtig sind bereits die täglichen E-Mail-Kontakte oder Telefonate. Bis heute werden alle Anrufe bei InfectoPharm im Haus angenommen. Freundliche und gut weitergebildete Mitarbeitende können den Kunden zumeist unmittelbar helfen. Auch am Messestand, sowohl bei externen als auch internen Veranstaltungen, legen wir großen Wert darauf, dass unsere Mitarbeitenden gleichermaßen kompetent Auskunft geben wie gut zuhören können.
Diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind das Fundament. Sie geben ein einheitliches Bild nach außen und wertvolle Hinweise nach innen. In der internen Struktur gehören viel Flexibilität und Dynamik auf allen Ebenen dazu. Auf die Frage: „Warum machen wir das soundso?“ ist es quasi verboten zu antworten: „Weil wir das immer schon so machen!“
In der Summe werden wir so als ein integres und innovatives Unternehmen wahrgenommen, was zahlreiche weitere Preise wie die „Goldene Tablette“ aus der Ärzteschaft belegen.
Natürlich ist es auch für uns verlockend und wichtig, Wissen zu unseren Präparaten aus erster Hand zu vermitteln und gleich die neusten Studien dazu. Aber wenn das der Fall ist, muss es klar erkennbar sein. Dafür haben wir 2020 die InfectoPharm-Akademie gegründet. Sie ist stärker therapieorientiert. Das consilium ist und bleibt verlässlich ein Ort für produktneutrales Praxiswissen.

Blick in die Zukunft: Welche Ziele verfolgen Sie, um die Fachkreise weiterhin mit Wissen und Informationen zu unterstützen? Was charakterisiert erfolgreiche Kommunikation mit Fachkreisen in den kommenden Jahren?
Die Möglichkeit, mit unseren zertifizierten Angeboten wertvolle Fortbildungspunkte zu erwerben, wird für Ärzte weiterhin relevant bleiben. Wir müssen uns aber für unsere Kundinnen und Kunden ständig didaktisch und digital weiterentwickeln: Welche Formate und Plattformen sind zeitgemäß - oder im besten Fall sogar zukunftsweisend? Wie fördern wir auch digital die Interaktivität und den so wichtigen Austausch, ein wesentlicher Aspekt. Wir experimentieren da unter anderem mit verschiedenen Online-Tools wie Sli.do. Wie viel Zeit haben die Ärzte wann, was passt am besten in ihren Tagesablauf und welche Bedürfnisse haben sie genau? Wir werten dazu gerade eine groß angelegte Befragung unter Ärztinnen und Ärzten von diesem Sommer aus. Fragen und zuhören bleibt wichtig.
Wir denken, dass die „klassischen“ Präsenzveranstaltungen auch künftig noch eine zentrale Rolle im consilium spielen und ergänzt werden durch zeitlich und örtlich unabhängige Komponenten. Es besteht kein Grund zu einem entweder oder.

Herr Dr. Rauschenbach, vielen Dank. <<

Ausgabe 12 / 2021

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