Der BVMed-Vorstandsvorsitzende Dr. Meinrad Lugan bezeichnete die Medizintechnik-Branche im Rahmen eines Pressegesprächs als „Aushängeschild für die deutsche Wirtschaft“: „Wir sind Innovationstreiber. Wir sind Jobmotor. Wir haben Hidden Champions und sind Exportweltmeister. Wir haben 93 Prozent Mittelstand. Für Deutschland steht viel auf dem Spiel. Denn: Der Medizintechnik-Standort Deutschland ist stark gefährdet.“ Das liege neben den massiv gestiegenen Kosten für Energie, Rohstoffe und Logistik sowie Inflation und steigenden Löhnen vor allem an „hausgemachten Problemen“ – einem sehr komplizierten regulatorischen System, überbordender Bürokratisierung und Regulierungswut sowie einer schleppenden Digitalisierung im Gesundheitssystem und mangelnder Datennutzung. „Wir senden damit keine Signale für einen innovationsfreundlichen Standort aus“, so Lugan. „Um Top-Talente im Land zu halten und Innovationen hier zu entwickeln, brauchen wir bessere Rahmenbedingungen!“

Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung biete an sich gute Ansätze, von denen bislang aber wenig zu spüren sei. „Den Worten müssen nun Taten folgen“, drängt der deutsche Medizintechnik-Verband. Dabei plädiert er in seinem Positionspapier für „ganzheitliche und strategische Ansätze“ zur Stärkung des Medizintechnik-Standorts Deutschland und für die Einbindung der Expertise der Unternehmen. „Politik muss im Dialog mit der Wirtschaft bleiben“, so Lugan und Möll. Der 5-Punkte-Plan des BVMed sieht unter anderem vor:

  1. Eine beauftragte Person der Bundesregierung für die industrielle Gesundheitswirtschaft, denn für eine gut koordinierte MedTech-Branchenstrategie „aus einem Guss“ müsse die ressortübergreifende Zusammenarbeit verbessert werden.
  2. Um die Resilienz und Lieferketten zu stärken, spricht sich der BVMed für einen „systemischen und strategischen Ansatz“ aus. Dazu gehören eine bessere Einbeziehung der Branche in die Erarbeitung von Lösungen, die Unterstützung des Aufbaus von Produktionskapazitäten in Deutschland in Produktbereichen, in denen eine strategische Unabhängigkeit erreicht werden soll, sowie die Einrichtung einer digitalen Bestandsplattform versorgungskritischer Medizinprodukte, um Transparenz in Echtzeit zu erreichen.
  3. Der BVMed fordert eine Entbürokratisierungs-Offensive, die den deutschen Mittelstand im Blick hat, konsequent Überregulierungen abbaut sowie in Brüssel für standortfreundliche Regulierungen kämpft. Dazu gehört, dass die Verantwortung für Lieferketten auf die unmittelbaren Zulieferer beschränkt bleibt. Der BVMed fordert zudem einen einheitlichen ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf Medizinprodukte sowie mehr Geschwindigkeit und bessere Förderung von klinischen Studien.
  4. Der BVMed setzt sich für flexiblere und schnellere Bewertungsverfahren mit klaren Fristenregelungen beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) und beim Bewertungsausschuss ein. Forschende Medizinprodukte-Unternehmen benötigten zudem einen besseren Datenzugang und ein Antragsrecht beim Forschungsdatenzentrum. Außerdem sollte sich Deutschland dafür einsetzen, dass die EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR) strategisch weiterentwickelt wird und „mehr Berechenbarkeit und Schnelligkeit“ beim Marktzugang von Medizinprodukten bietet. So spricht sich der BVMed unter anderem für Fast-Track-Verfahren für innovative Medizinprodukte aus.
  5. Um dringend benötigte internationale Fachkräfte für die Medizintechnik-Branche zu gewinnen, fordert der BVMed einfache Anerkennungsverfahren, Integrationsangebote und Internationalisierung der Verwaltungsverfahren. Außerdem sollten die Arbeitsbedingungen insbesondere in der Pflege verbessert werden.


Das ausführliche Positionspapier kann unter https://www.bvmed.de/wipo abgerufen werden.

Das Fazit von BVMed-Geschäftsführer Möll: „Deutschland braucht eine forschungsstarke, leistungsfähige, wirtschaftlich gesunde und international wettbewerbsfähige Medizintechnik-Branche. Wir müssen erreichen, dass Forscher:innen und Unternehmer:innen wieder Lust auf den Standort Deutschland bekommen! Dafür benötigen wir einen konkreten Maßnahmenkatalog unter Einbindung der Wirtschaft, um den Medizintechnik-Standort Deutschland zu stärken und seine Attraktivität für deutsche und multinationale Unternehmen gleichermaßen aufrechtzuerhalten.“

Parallel zur Formulierung seiner politischen Forderungen hat der BVMed eine neue Imagekampagne gelauncht, um auch auf diesem Weg die Faszination und die Bedeutung der Medizintechnik-Branche, insbesondere gegenüber der Wirtschafts- und Forschungspolitik, zu verdeutlichen. Daneben will der BVMed mit seiner Kampagne auch den technologie-affinen Nachwuchs für die Medizintechnik begeistern. „Die Kampagne wirbt mit inspirierenden Geschichten von Forscherinnen und Forschern für ausgezeichnete berufliche Perspektiven in einer spannenden Branche“, so die BVMed- Kommunikationsexperten Manfred Beeres und Michelle Klee. All das fasse der Claim der Kampagne zusammen: „Gesundheit hat Zukunft. Die Medizintechnik.“

Die digitale Kampagne umfasst unter anderem einen Branchenfilm, der die Bedeutung und die Faszination von MedTech aufzeigt, fünf animierte Motive, die Beispiele für Medizintechnik als Innovationstreiber, Lösungsanbieter und hohe Ingenieurskunst aufzeigen, und zentrale „Facts & Figures“, welche die Bedeutung der Branche hervorheben. Geschichten von Forschenden zeigen, was und wer hinter einer Innovation steckt, was diese Menschen motiviert und antreibt und welche Unterstützung sie benötigen. Desweiteren gibt es verschiedene Online-Anzeigenformate und eine begleitende Social-Media-Kampagne mit Mitmachaktionen für die MedTech-Branche unter dem Hashtag #MedTechGermany. Bei den politischen Zielgruppen setze der BVMed vor allem auf Twitter sowie Paid-Media mit Themen- und Geo-Targeting auf größeren Nachrichten- und Fachportalen, bei der Nachwuchs-Zielgruppe vor allem auf LinkedIn und Facebook/Instagram sowie Mitmachaktionen der Mitgliedsunternehmen im Rahmen der begleitenden Employer-Branding-Kampagne mit „Ich bin Teil der Medizintechnik“-Storytelling.

Der Film sowie alle Motive und Geschichten können auf der Kampagnen-Webseite www.medtech-germany.de abgerufen werden. „Wir laden alle dazu ein, die Medizintechnik zu entdecken“, so Dr. Marc-Pierre Möll.