Ein genauerer Blick in die Sektoren zeigt, dass sich die Lageeinschätzung überall – jedoch unterschiedlich stark – verbessert hat. Unternehmen der Medizintechnik bewerten ihre Lage deutlich besser als noch im Herbst. Die Lage mit einem Saldo von 30 Punkten (zuletzt minus sieben) liegt nun auch wieder auf dem Niveau des langjährigen Schnitts (29 Punkte). Dazu haben die zuletzt rückläufigen Energie- und Erzeugerpreise, aber auch abnehmende Materialengpässe beigetragen.

So hat sich die Lage der pharmazeutischen Industrie gegenüber der Herbstumfrage um acht Punkte verbessert (29 nach zuletzt 21 Punkten) und stabilisiert sich weiter auf hohem Niveau. Wie bereits bei der Finanz- und Coronakrise habe auch die aktuelle Krise vergleichsweise geringe Auswirkungen auf die Geschäftslage der Pharmaunternehmen. Auch bei den Gesundheits- und sozialen Diensten ist die Stimmung laut Report ebenfalls besser als noch im Herbst letzten Jahres. „Die Talsohle vom vergangenen Herbst, als Energieengpässe und steigende Preise die Agenda beherrschten, haben die Unternehmen zwar mittlerweile durchschritten“, sagt Achim Dercks, stellvertretender DIHK-Hauptgeschäftsführer (Foto). „Es wäre aber verfrüht, jetzt schon die Krise für beendet zu erklären. Solange das Preisniveau weiter hoch bleibt und andere strukturelle Probleme nicht gelöst werden, gibt es keinen tragfähigen Aufwärtstrend.“

Nur 19 Prozent der Unternehmen der Gesundheitswirtschaft rechneten mit einer Verbesserung (zuletzt 10 Prozent), 31 Prozent mit einer Verschlechterung (zuletzt 43 Prozent) der eigenen Geschäfte – die Negativ-Stimmen überwiegen weiterhin. Ein genauer Blick in die Branchen zeigt, dass sich vor allem in der pharmazeutischen und der Medizintechnikindustrie die Geschäftserwartungen verbessert haben. Hingegen gehen im Handel 40 Prozent der Betriebe von einer Verschlechterung der Geschäfte aus, nur 12 Prozent von einer Verbesserung.

In der pharmazeutischen Industrie (null nach zuletzt minus 33 Punkten) und in der Medizintechnik (elf nach zuletzt minus 36 Punkten) haben sich die Erwartungen sehr stark verbessert. Diese Branchen seien deutlich zuversichtlicher als die Industrie insgesamt (minus zwölf nach minus 46). Zu den positiven Erwartungen in der Medizintechnik hat nach Aussagen der Autoren auch die Gesetzesinitiative der EU-Kommission beigetragen, Übergangsfristen bei der europäischen Medizinprodukteverordnung aufgrund von Engpässen im Zulassungsverfahren zu verlängern. Dadurch bekämen die Unternehmen mehr Zeit, um bestimmte Vorgaben für ihre Bestandsprodukte umzusetzen.

Zur Verunsicherung trage auch die weiterhin schleppende Einführung des E-Rezepts bei. Dercks: „Die Digitalisierung im Gesundheitswesen muss endlich entschieden vorangebracht werden. Digitalisierung kann zu einem sinnvolleren Einsatz der knappen Fachkräfte beitragen und zugleich die Qualität der Versorgung steigern.“ Dies, so der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer, wirke sich perspektivisch auch positiv auf die Ausgabenentwicklung im Gesundheitswesen aus, was wiederum der gesamten Wirtschaft zugutekomme.

■ Fachkräftemangel wird als größtes Risiko gesehen

Die befragten Unternehmen nennen den Fachkräftemangel als das größte Risiko in der Gesundheitswirtschaft: 67 Prozent der Betriebe(im Vergleich zu 66 Prozent zum Vorjahr) sehen sich hiervon am meisten belastet, wobei Unternehmen in den Gesundheits- und sozialen Diensten mit 79 Prozent (zu 80 Prozent im Vorjahr) am stärksten betroffen sind.

Hier hat der demografische Wandel nach Einschätzung der Autoren gleich zweifach Einfluss – zum einen durch den ausbleibenden Nachwuchs und zum anderen durch höheren Pflegebedarf aufgrund einer zunehmenden Zahl älterer und pflegebedürftiger Menschen. Dagegen ist die Sorge um qualifiziertes Personal in den Unternehmen der pharmazeutischen Industrie zwar gestiegen (48 nach zuletzt 39 Prozent), jedoch nach wie vor deutlich weniger ausgeprägt als in der Gesundheitswirtschaft insgesamt. Der Mangel ist auch weniger virulent als in der gesamten Industrie (hier 61 Prozent). In der Medizintechnik steigt die Risikoschätzung dagegen auf 64 Prozent (nach zuletzt 48 Prozent) und ist somit stärker ausgeprägt als in der Industrie allgemein, so der DIHK-Report.

„Wegen der demografischen Entwicklung müssen Belegschaften insgesamt gesünder und damit verbundene Zusatzkosten für den Faktor Arbeit auch langfristig bezahlbar bleiben. Das Bundesgesundheitsministerium muss daher zentrale Vorhaben der neuen Digitalisierungsstrategie wie eine Stärkung der Forschungsdatenlandschaft zügig umsetzen“, erklärt der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer.

Als weiteres großes Risiko werden Preise für Rohstoffe und Energie von den befragten Firmen genannt, wenn auch die Risikoschätzung auf 65 Prozent im Vergleich zum Herbst 2022 (79 Prozent) zurückgegangen ist. Auf die Preisentwicklung reagieren sowohl in der Pharma-branche (elf nach zuletzt 18 Prozent) als auch in der Medizintechnik (vier nach zuletzt 16 Prozent) deutlich weniger Unternehmen mit der Reduzierung ihrer Produktion oder Angebote.

Aufgrund nachlassender Störungen in den globalen Lieferketten werden die Exporterwartungen der industriellen Gesundheitswirtschaft in den nächsten zwölf Monaten deutlich ansteigen, so die Prognose im Gesundheitsreport. In der Medizintechnikbranche rechneten 42 Prozent der Unternehmen mit einem Anstieg der Ausfuhren im Vergleich zu 21 Prozent in der letzten Umfrage. Auch in der Pharmabranche rechneten mehr Unternehmen mit steigenden (33 Prozent) als mit weniger (14 Prozent) Ausfuhren.

Die Erwartungen sind in der industriellen Gesundheitswirtschaft weiterhin deutlich besser als in der Industrie insgesamt. Ein Grund dafür ist nach Meinung der Autoren, dass die Gesundheitswirtschaft weniger konjunkturellen Einflüssen ausgesetzt ist als andere Branchen. Zudem steige der Bedarf an Gesundheitsleistungen aufgrund des Wachstums der Bevölkerung und des steigenden Wohlstands, insbesondere in den Entwicklungs- und Schwellenländern, weltweit weiter an.

■ Zurückhaltung bei Investitionen mit Folgen für Standort und Versorgung

Trotz verbesserter Aussichten bleiben die Investitionspläne der Unternehmen in der Gesundheitswirtschaft auf niedrigem Niveau, so ein weiteres Ergebnis des Reports. 21 Prozent der Unternehmen planen aufgrund hoher Kostenbelastungen Investitionen zurückzustellen. Nur 32 Prozent werden in den kommenden Monaten auf mehr Investitionen setzen, während 27 Prozent ihre Investitionen zurückfahren wollen. Der Blick auf die Pharmabranche zeigt im Bereich der Investitionen ein anderes Bild: Hier wollen sogar mehr Unternehmen ihre Budgets reduzieren als erhöhen. Auch soll so wenig in Produktinnovationen investiert werden wie zuletzt im Herbst 2015.

Als Grund für diese Entscheidungen sehen die Autoren neben hohen Energiepreisen auch die restriktivere Preisregulierung insbesondere für patentgeschützte Arzneimittel. Dazu trage auch das neue GKV-Finanzstabilisierungsgesetz bei, das unter anderem neue Preisobergrenzen, einen zusätzlichen Herstellerrabatt für 2023 sowie eine Verlängerung des Preismoratoriums bis 2026 vorsehe. „Grundsätzlich sind Bemühungen des Gesetzgebers, die Kosten im System der GKV zu begrenzen, außerordentlich wichtig. Dabei sollte die Preisregulierung jedoch unbedingt auch die Auswirkungen auf den Gesundheits- und Wirtschaftsstandort im Auge behalten“, konstatiert Dercks und führt weiter aus: „Reduzierte Investitions- und Innovationsaufwendungen wirken sich nicht nur negativ auf die Forschungsleistungen der Unternehmen und deren regionale Wirtschaftsstandorte aus, sie bremsen auch die Entwicklung der Versorgungsqualität.“