Neben der Anzahl eingelöster Freischaltcodes lieferten die Hersteller für den Report des Spitzenverbandes Digitale Gesundheitsversorgung Informationen über Alters- und Geschlechtsverteilungen der DiGA-Nutzer. Die Ergebnisse einer ergänzenden Umfrage unter DiGA-Herstellern zeigten zudem die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der DiGA-Branche auf. Von den am Stichtag des Erhebungszeitraumes 49 im Verzeichnis des BfArM gelisteten DiGA lagen dem SVDGV Daten für 35 vor. Der GKV-Spitzenverband beendete seinen einjährigen Erhebungszeitraum ebenfalls am 30. September 2023 und bezieht somit gleichermaßen die 49 gelisteten DiGA zu diesem Zeitpunkt ein. 

 

■ Eine überschaubare Größenordnung

Die Analyse der vorliegenden SVDGV-Daten mache deutlich, dass der DiGA-Markt kontinuierlich und nachhaltig wachse – die Anzahl der verfügbaren Digitalen Gesundheitsanwendungen für Patienten sowie die Vielfalt der behandelten Indikationen steigen stetig an. Fast die Hälfte der gelisteten DiGA-Anwendungen wurden dauerhaft aufgenommen, was belege, dass die überwiegende Mehrheit bereits positive Versorgungseffekte nachweisen konnte. Aus der diametralen Richtung. Das stetige Wachstum erkennt und begrüßt auch der GKV-Spitzenverband, allerdings könne nach drei Jahren „eben nicht von einem Durchbruch in der Versorgung die Rede sein“, konstatierte Vorständin Stefanie Stoff-Ahnis in der Pressekonferenz zum 3. DiGA-Bericht des GKV-Spitzenverbandes am 8. Januar 2024. Der erhoffte politische Run auf die DiGA sei nicht eingetreten – und auch die dadurch angestrebten Digitalisierungseffekte für das gesamte Gesundheitssystem nicht. Bei 50 Mio. Arzneimittelverordnungen pro Monat, seien 20.000 DiGA-Verordnungen eine sehr überschaubare Größenordnung. Beide Spitzenverbände nennen eine Zahl von 370.000 Freischaltcodes seit Herbst 2020. 

■ Erprobungsjahr im Kreuzfeuer

„Woran könnte das liegen?“, fragte Torsten Fürstenberg, Abteilungsleiter Ambulante Versorgung des GKV-Spitzenverbandes, bei der weiteren Vorstellung der Ergebnisse und antwortete mit der Suggestivfrage: „Haben Sie schon mal eine App für über 2.000 Euro gekauft?“ Die Spannweite, so zeigte Fürstenberg auf, reiche von 180 bis gut 2.000 Euro für eine gelistete Digitale Anwendung, der durchschnittliche Preis liege somit bei 529 Euro. Er verwies auf den für ihn bezeichneten Aspekt, dass die teuersten vier Apps den Status „Im Erprobungsjahr“ trügen, in dem die Hersteller die Preise selbst festlegen und die Krankenkassen keinen Einfluss nehmen können. Und diese Entwicklung verstetige sich. 

■ Mehr Akzeptanz schaffen 

Für den Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung ist das Erprobungsjahr maßgeblich für die Vielfalt des DiGA-Marktes verantwortlich: „Ohne diesen Zugangsweg wäre heute nur ein Bruchteil der aktuell als DiGA gelisteten Anwendungen für Patienten in der Regelversorgung erhältlich, denn das Erprobungsjahr schafft gleichzeitig einen wichtigen Rahmen für viele Hersteller, Studien zum Nachweis des positiven Versorgungseffekts durchzuführen“, stellen die Autoren im aktuellen DiGA-Report fest. Dabei sei festzuhalten: Alle DiGA, die bisher aufgenommen wurden, hätten eine randomisierte-kontrollierte klinische Studie durchgeführt. Die Hersteller gingen damit weit über die Anforderungen des Gesetzgebers hinaus. 

Die Akzeptanz von DiGA bei Leistungserbringern sieht Stoff-Ahnis durch die unterschiedliche Qualität der Anwendungen beeinträchtigt und hat vor allem das dreimonatige Fast-Track-Verfahren dabei im Visier, das über die Aufnahme in das Verzeichnis des BfArM entscheidet – vorläufig oder dauerhaft, je nach Status des nachgewiesenen positiven Versorgungseffektes – und an das sich das oben bereits genannte Erprobungsjahr mit der freien Hersteller-Preisgestaltung anschließt. „Diese Überbezahlung im ersten Jahr ist reine Wirtschaftsförderung und dafür sind wir als gesetzliche Krankenversicherung nicht da“, stellt Stoff-Ahnis fest. 

■ Flächendeckende Aufklärung

Grundsätzlich attestiert der GKV-Spitzenverband den DiGA potenzielle positive Versorgungseffekte, ergänzend zur konventionellen Gesundheitsleistungen – wie gesagt: Mit von vorneherein nachgewiesenem Versorgungseffekt. Und eben günstig. Das Invest für eine App in der Erprobungsphase kann man diskutieren, mit der Tilgung des Erprobungsjahres läuft man jedoch Gefahr, den Innovationsgeist der DiGA zu ersticken.

Der Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung ist davon überzeugt, dass DiGA nicht nur die Versorgung verbessern, sie seien mittlerweile auch ein relevanter Wirtschaftsfaktor für Deutschland, wie die Ergebnisse einer ergänzenden Umfrage unter DiGA-Herstellern verdeutlichten: Unternehmen, die DiGA entwickeln, schafften neue Arbeitsplätze, investierten in Forschung und Entwicklung und brächten innovative Technologien hervor. DiGA trügen außerdem dazu bei, Versorgungslücken zu schließen und ermöglichen neue Therapieformen in Bereichen, in denen es bisher nur ein begrenztes Angebot gab. Gleichwohl müssten viele Prozesse rund um die Integration von DiGA in die Versorgung weiter verbessert werden. Beispielsweise brauche es eine flächendeckende Aufklärung von Behandlern und Patienten, damit die digitalen Therapiemöglichkeiten allgemein bekannt sind. 

Ebenso müsse der Zugang für Patienten zu DiGA vereinfacht werden und ohne mehrwöchige Wartezeiten möglich sein – im Durchschnitt warteten Patienten nämlich 13 Tage auf den Freischaltcode. Nur dann könnten DiGA zukünftig ihr volles Potenzial ausschöpfen und die Gesundheitsversorgung in Deutschland weiter verbessern.