Herr Wodrich, welche Klangeigenschaften sollte eine Pharmamarke aufweisen?
Jede Marke sollte ihren eigenen Klang haben. So sollten sich auch alle Pharmamarken voneinander unterscheiden. Der Pharmaindustrie würde man erst einmal Begriffe wie Innovationskraft, Fortschritt oder Technologie zuordnen. Ob eine Pharmamarke diese Attribute auch in ihrer Klangidentität zum Ausdruck bringen möchte, obliegt der jeweiligen Marke. 

Wie wichtig ist die Entwicklung einer einheitlichen Audio-Identität für Pharmamarken im Vergleich zur visuellen Identität?
Wir Menschen sind mulitsensorische Wesen, nehmen unsere Umwelt über fünf Sinne wahr. Der Seh- und der Hörsinn sind zwei davon. Diese lassen sich in der Markenkommunikation am unkompliziertesten definieren und implementieren. Hierbei darf man das Visuelle nicht vom Auditiven trennen. Die visuelle und die auditive Identität wirken zusammen und müssen zusammen funktionieren. Sie sollten komplementär gedacht werden, sich unterstützen und die Markengeschichte gemeinsam erzählen. Eine Hierarche der Sinne gibt es nicht. 

Können Sie konkrete Beispiele für Pharmamarken nennen, die eine starke Klangidentität erfolgreich etabliert haben?
Sehr gelungen ist die 2023 gelaunchte Klangidentität von Sanofi. Man hört eine liebliche verspielte Musik, die aber auch innovative Impulse zum Ausdruck bringt. Mutig und einzigartig.

Inwiefern kann eine konsistente Audio-Identität das Markenerlebnis für die Zielgruppe verbessern?
Eine Marke direkt und einzig an ihrem Klang erkennen? Der Traum eines jeden Marketers. Oft wird die Telekom als Beispiel bemüht, wie Marken es tun sollten. Das Geheimnis des Erfolgs der Telekom-Audio-Identität liegt allerdings gar nicht so sehr in einer genialen Komposition, sondern in der konsequenten Implementierung. Seit 30 Jahren weicht die Telekom in ihrer Kommunikation nicht von ihrem Soundlogo ab. Dies führt zu der hohen Bekanntheit und zu einem zweiten, nicht zu vernachlässigenden Benefit eines konsistenten Audio-Auftritts: dem Vertrauensaufbau. Je länger und konsequenter eine Marke ihren Klang einsetzt, umso mehr wächst das Vertrauen in sie und ihre Handlungen. Marken wir Haribo, die seit 50 Jahren mit ihrem gesungenen Jingle „Haribo macht Kinder froh …“ arbeiten, werden als Kulturgut angesehen, begleiten einen Menschen von Kindheitstagen durch sein Leben. 

Welche Fallstricke tun sich dabei für Werbetreibende auf? 
Werbetreibende wollen oftmals mehr Abwechslung in ihre Kommunikation bringen, weil sie das Gefühl haben, dass dies ihr Job sei und die Marke stets in Bewegung sein muss, um für die Zielgruppe interessant zu bleiben. Das mag für Lifestyle-Marken durchaus richtig sein, aber im Pharmasektor ist Vorsicht geboten. Konsistenz schafft Vertrauen. Generell gilt: Wenn es intern anfängt zu nerven, fängt es extern an zu wirken.

Wie wird sich die Bedeutung von Klangidentitäten in der Pharmabranche weiterentwickeln?
Starke Marken waren schon immer wichtig. Ihre Bedeutung wird aber noch weiter zunehmen. Märkte werden immer fragmentierter, Zielgruppe haben in Sekundenschnelle Zugang zu jeglichen Informationen zu einem Produkt und seinen Alternativen. Wer es in diesem Umfeld schafft, sich fest im Kopf der Konsumenten zu verankern, hat die besten Chancen relevant zu bleiben und bei Kaufentscheidungen Top of Mind zu sein. Ein markenprägender Klang leistet hier einen entscheidenden Beitrag.