Frau Gampl, seit vielen Jahren gibt es einen Abgesang auf den Pharma-Außendienst. Dr. Pfleger investiert in diesen Bereich, so soll der Außendienst weiter ausgebaut und mit digitalen Tools gestärkt werden. Welche Motivation steckt dahinter?
Martina Gampl: Wir sind davon überzeugt, dass der Pharma-Außendienst nach wie vor der wichtigste Kontakt zu den stationären Apotheken ist. Der Faktor Mensch zählt und bei erklärungsbedürftigen Produkten geht nichts über die individuelle Beratung. Dabei sind die Stärkung und der Ausbau der OTC-Range im Rahmen der Portfolio-Politik bei Dr. Pfleger ein wichtiger Treiber. Es gibt Eigenschaften, wie Eigenmotivation, Gewissenhaftigkeit und Selbstdisziplin, die für einen Außendienst schon immer wichtig waren. Ebenso sollte man ein gutes Gespür für das Gegenüber haben. Gleichzeitig wird der Vertrieb immer digitaler und flexibler. Deshalb bauen wir diese Kompetenzen aus, denn wir möchten ein Partner für die stationäre Apotheke sein und neben unseren Produkten auch Vermarktungsmöglichkeiten anbieten, die auf die Apotheke vor Ort zugeschnitten sind und darauf einzahlen. Um die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens sicherzustellen, wird die Kombination aus Mensch und Digitalisierung entscheidend sein.

Was macht den Außendienst zu einem wichtigen Instrument in der Kommunikation mit den stationären Apotheken?
Martina Gampl: Einen starken OTC-Außendienst zeichnet eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Offizin-Apotheken aus. Der Fokus liegt nicht im Reinverkauf, sondern im Abverkauf. Gemeinsames Ziel ist es, mit Trainingsangeboten und Kampagnen diesen sicherzustellen. Fachlicher Austausch, eine enge Kooperation und Menschlichkeit machen weiterhin den Unterschied.

Herr Schnappauf, Sie bieten Software und Technologien für die Life-Sciences-Industrie an. Was macht den Bereich für Sie spannend und herausfordernd?
Florian Schnappauf: Die Akteure in diesem Markt haben am Ende des Tages ein gemeinsames Ziel vor Augen: Die Patienten mit der für sie passenden und bestmöglichen Therapie zu versorgen. Das ist ein Grund, warum der Healthcare-Bereich so besonders ist. Gleichzeitig ist es ein sehr komplexer Markt mit unterschiedlichen Akteuren, die an verschiedenen Schalthebeln sitzen. Diese Komplexität bringt gewisse Herausforderungen mit sich. Für uns bedeutet das, dass wir in diesem Spannungsfeld sehr lösungsorientiert agieren. Wir entwickeln unsere Datenprodukte und Technologien so, um Unternehmen wie Dr. Pfleger dabei zu helfen, dass sie ihre Aufgaben möglichst effizient und zielgerichtet durchführen können und Zeit haben, sich auf die wesentlichen Dinge zu konzentrieren. Im konkreten Fall, den Austausch mit der Zielgruppe Apotheker. Unsere Marktforschungsdaten machen deutlich, dass die Interaktion mit Apothekern und Ärzten nur dann erfolgreich ist, wenn Sie als Unternehmen einen Mehrwert bieten und so als wertvoller Ansprechpartner wahrgenommen werden.

Wie kam die aktuelle Zusammenarbeit zustande? 
Martina Gampl: Wir haben einen Pitch durchgeführt und waren uns nach der Präsentation sehr schnell sicher, dass wir das Projekt mit dem Marktführer umsetzen wollen, denn uns hat das Gesamtpaket von Veeva überzeugt.

Was hat Sie an der Aufgabe bei Dr. Pfleger gereizt und was macht diese Arbeit besonders?
Florian Schnappauf: Mich persönlich und uns als Veeva hat sehr beeindruckt, dass Dr. Pfleger eine sehr klare Idee von der weiteren Unternehmensentwicklung hat. Es geht um den Aufbruch in die Zukunft mit der Gewinnung neuer Märkte mit neuen Produkten, die den Patienten einen Nutzen bringen. Mit dieser klaren Vision als Basis ist es für uns als Anbieter von Technologien und Datenprodukten leichter, zielgerichtete und unterstützende Lösungen zu entwickeln. Das gesamte Team um Martina Gampl war sehr gut vorbereitet, hat sich intensiv mit der Thematik auseinandergesetzt und uns gute Fragen gestellt. Es war schnell klar – hier ist ein echter Wille zu einem umfangreichen Veränderungsprozess, den wir gerne mitbegleiten und unterstützen.

Was hat Sie, Frau Gampl, wiederum an den Lösungen von Veeva überzeugt? 
Martina Gampl: Mit Veeva haben wir uns für eine führende Branchenlösung entschieden, die auch in vielen mittelständischen Unternehmen eingesetzt wird. In Kombination mit BASE life science als Implementierungspartner konnten wir gleich doppelt profitieren. Im Detail waren es viele Gründe, die uns davon überzeugt haben, mit Veeva zu arbeiten. Die Stammdaten wurden auf ein neues Qualitätsniveau gebracht – wir beziehen von Veeva OpenData die Adressen. Das System ist sehr intuitiv in der Bedienung. Die Offline-Fähigkeit war ein weiterer wichtiger Grund.

Wo liegen die größten Hemmnisse und Hürden bei der Digitalisierung des Pharma- beziehungsweise Apotheken-Außendienstes?
Martina Gampl: Ich bin ein absolut optimistischer Mensch, deshalb würden wir gar nicht von Hemmnissen und Hürden sprechen. Ins Tun kommen und die Menschen mitnehmen, das ist für uns von zentraler Bedeutung. Wenn ein System gut ist, dann spüren die Anwender sehr schnell den Mehrwert. Darüber hinaus bewegen wir uns in einem Umfeld, das sich für alle Akteure verändert. Deshalb ist es für uns selbstverständlich, dass wir den Weg mitgehen, denn auch unsere Kundinnen und Kunden werden immer digitaler. Nichtsdestotrotz ist die Einführung eines neuen Enterprise-Systems immer eine große Change-Herausforderung, bei der es gilt, die Menschen mitzunehmen.

Florian Schnappauf: Aus Anbietersicht besteht immer eine gewisse Gefahr, dass man die Scheuklappen aufhat und denkt, Technologie und Daten sind da, so schwierig kann die Implementierung und Umsetzung schon nicht sein. Aber Martina Gampl hat es genau auf den Punkt gebracht: Man darf den Faktor Mensch nicht unterschätzen. Es ist enorm wichtig, die Menschen, die die neue Technologie nutzen sollen, in den Prozess einzubinden und mitzunehmen. Denn eine Technologie oder Innovation ist nur dann wertvoll, wenn sie wirklich genutzt wird und einen Mehrwert für alle Beteiligten schafft. Wir dürfen nicht den Fehler machen zu denken, dass Daten und Technologie die Heilsbringer der Transformation sind. Es gilt, die Technologie mit einem Gesamtkonzept zu verbinden. Das hat Dr. Pfleger sehr gut gemacht und auch mit viel Engagement und Herzblut umgesetzt.

Wie können Ihrer Erfahrung nach diese Hürden überwunden werden?
Martina Gampl: Der wichtigste Punkt war, dass wir in einem cross-funktionalen Team nahtlos zusammengearbeitet haben. Bei allen Herausforderungen ging es stets um die bestmögliche Lösung für das Unternehmen. Wir haben frühzeitig alle betroffenen Rollen definiert und in unser Projekt eingebunden. Darüber hinaus haben wir eine Gruppe an Key Usern ausgewählt, die kontinuierlich beteiligt und nicht einfach „nur“ informiert wurden. 
Als zentralen Erfolgsfaktor möchte ich unser aktives Change-Management hervorheben. Bereits ein halbes Jahr vorher wurden zum Beispiel die Außendiensttagungen für Vorträge rund um das Thema Veränderung genutzt. Wir waren uns bewusst, dass nicht alle neugierig auf das neue System sein werden, nur weil es „neu“ eingeführt wird. Wir sind sehr offen damit umgegangen, dass wir in „Pfützen“ treten werden und dass bei einer so großen Veränderung selbstverständlich Fehler auftreten werden. Es lag aber an uns zu entscheiden, wie wir damit umgehen. Eine gelebte Fehlerkultur, in der Fehler explizit erlaubt sind und nicht angeprangert werden, sondern genutzt werden, um daraus zu lernen, ist aus unserer Sicht ein weiterer Erfolgsbaustein.

Welche Chancen sind mit der Digitalisierung verbunden und wo sehen Sie die Grenzen?
Florian Schnappauf: Am Ende geht es um Menschen und die Technologie wird das unterstützen. Sie kann Prozesse effizienter machen, sie kann bestimmte Dinge auch ersetzen, wie zum Beispiel Terminvereinbarungen. Es gibt gewisse transaktionale Tätigkeiten, die bereits heute und in Zukunft noch stärker von technologischen Lösungen übernommen werden. Ein Entscheidungsparadigma, das sich aus unserer Sicht in den nächsten Jahren nicht verändern wird, ist das Verhältnis Patient-Arzt-Apotheker. Es geht um die ideale Kombination aus Mensch und Technologie.

Martina Gampl: Die Digitalisierung führt zu einer besseren Transparenz, zielführenderer Kundenbetreuung, schnelleren Updates und zeitnah verfügbaren Kennzahlen für Management-Entscheidungen. Mit der Konsequenz, dass wir mehr Zeit bei unseren Kundinnen und Kunden verbringen. Darüber hinaus erlaubt uns die Technologie, dass alle Informationen an einem Ort gebündelt und schnell verfügbar sind. Eigenes Wissen wird durch Daten ergänzt. Für mich liegt der Schlüssel des Erfolgs – wie Florian Schnappauf gesagt hat – in der Kombination. Denn der Mensch und die Persönlichkeit bleiben im Mittelpunkt. Eine enge Kooperation und Menschlichkeit machen weiterhin den Unterschied.

Was verändert sich dadurch für die Außendienstmitarbeiter, Frau Gampl?
Martina Gampl: Der Außendienst hat mehr Zeit, sich auf den Kern seiner Tätigkeit zu konzentrieren: Zeit bei unseren Kunden. Er kann dadurch individuellere Gespräche führen und sich noch professioneller und kundenindividueller vorbereiten. Auch gibt es bei der Tourenplanung Optimierungsmöglichkeiten. Um ein Beispiel zu nennen, die Funktion „Next best visit“. Diese neue Funktion schlägt dem Außendienstkollegen den nächsten optimalen Besuch aus Systemsicht vor.

Wie sieht es mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz beim Pharma- und Apotheken-Außendienst aus? 
Florian Schnappauf: Künstliche Intelligenz ist das heiße Thema nicht nur in der Life-Sciences-Industrie, sondern in allen Branchen. Das ist aktuell eines der spannendsten Felder, das sich sehr schnell und kontinuierlich weiterentwickelt. Aus unserer Sicht steht es in unserer Branche jedoch noch ziemlich am Anfang. Es gibt in der pharmazeutischen Industrie schon sehr spannende Ansätze – aber eher im Bereich Forschung und Entwicklung. Wir sehen über die gesamte Industrie hinweg „Experimente“, so würde ich das jetzt erst einmal bezeichnen. Allerdings sehen wir noch keinen flächendeckenden Einsatz von KI. 

Martina Gampl: Wir haben für uns entschieden, uns heute damit zu beschäftigen, um damit die Grundlagen für morgen zu legen. KI-Strategien hängen maßgeblich davon ab, welche strukturierten Daten in welcher Menge vorliegen. Mehr Daten sind gut. Präzise Daten sind besser. Wir versuchen eine Kultur zu schaffen, die datengestützte Entscheidungen und Maßnahmen in den Vordergrund stellt. Wir wollen Analytics beherrschen, um unsere Geschäftsprozesse stärker automatisieren und intelligenter gestalten zu können.

Welche Entwicklungen prognostizieren Sie im Bereich KI und Außendienst?
Martina Gampl: In Zukunft wird eine noch individuellere digitale Kundenansprache sowie eine passgenauere Möglichkeit der Tourenplanung genutzt werden. Das Thema „Analytics“ wird sich enorm weiterentwickeln und weiter automatisieren. Ehrlicherweise spielt Excel – wie in fast jedem Unternehmen – immer noch eine Rolle. Meine Prognose: KI wird mehr und mehr zum persönlichen Co-Piloten – auch im Außendienst. 

Florian Schnappauf: Die Grundlage für jedwede Applikation sind gute, strukturierte, saubere und verfügbare Daten. Das ist aus unserer Sicht auch etwas, woran wir kontinuierlich arbeiten. Die KI-Use-Cases werden sich in naher Zukunft auch im Life-Sciences-Markt ergeben. Allerdings müssen wir in unserer Branche auch die Themen Regulierung und Compliance bei der Entwicklung von KI-Lösungen mitdenken und integrieren. Jedwede KI-Anwendung muss natürlich im Rahmen der Regulierung funktionieren und skalierbar sein – und das weltweit. 

Frau Gampl und Herr Schnappauf, vielen Dank für das Gespräch.