eCommerce pusht datengetriebenes Marketing

Zu welchen Veränderungen hat eCommerce in Sachen Verkauf von Arzneimitteln geführt und was bedeutet das für Pharmafirmen?
Kim Lander: Wenn wir über die Auswirkungen des eCommerce auf den Pharmasektor sprechen, reden wir im Grunde über eine Revolution in der Art und Weise, wie wir Medikamente kaufen und verkaufen. Zunächst einmal hat die Zugänglichkeit und Bequemlichkeit, die der Online-Kauf bietet, die Customer Journey verändert. Kunden haben die Möglichkeit, ihre benötigten Medikamente bequem von zu Hause zu bestellen, was nochmal mehr während der COVID-Pandemie an Bedeutung gewonnen hat. Diese Pandemie hat uns gezeigt, wie wichtig digitaler Zugang zu Gesundheitsprodukten sein kann. Ein weiterer Punkt ist die Preistransparenz und der Wettbewerb. Online-Plattformen ermöglichen es den Kunden, Preise zu vergleichen, was den Wettbewerb verschärft. Rabatte spielen dabei eine große Rolle und sind oft ein entscheidender Faktor für Kunden, die sich für eine Online-Apotheke entscheiden. Portale wie Medizinfuchs machen es den Verbrauchern leicht, das beste Angebot zu finden, was den Druck auf die Anbieter erhöht, wettbewerbsfähige Preise anzubieten.

Wie sieht es mit den Daten aus, die sich aus dem eCommerce ergeben?
Kim Lander: Jeder Online-Verkauf liefert Daten – Daten über das Kundenverhalten, über Vorlieben und Abneigungen. Diese Informationen sind Gold wert, wenn es darum geht, Marketingstrategien zu schärfen und gezielte Angebote zu machen. Es geht nicht mehr nur darum, zu verkaufen, sondern den Kunden zu verstehen und ihm genau das anzubieten, was er sucht. Das zeigt sich seit einigen Jahren auch im vermehrten Einsatz von Cross-Selling. Hier werden an den passenden Stellen Produkte platziert, die den Kauf des Kunden erweitern oder auch Alternativen zur aktuellen Produktauswahl aufzeigen sollen. Ganz im Sinne eines individuell optimalen Verkaufserlebnisses und der Vergrößerung des Warenkorbs.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eCommerce nicht nur die Art und Weise verändert hat, wie Kunden Medikamente erwerben, sondern auch, wie Pharmaunternehmen mit ihren Kunden interagieren, sie verstehen und ihnen dienen. 

Disruption im Pharmamarkt durch Amazon Pharmacy

Apropos Neuerungen – wie sehen Sie Amazon Pharmacy? 
Kim Lander: Amazon wird als disruptiv im Pharmamarkt gesehen, da es seine typischen Stärken wie eine große Reichweite, fortschrittliche Logistik und eine starke Kundenbasis nutzt, um den Kaufprozess für Medikamente zu vereinfachen und zu beschleunigen. Dieser Service kann die Erwartungen der Kunden an Convenience und Geschwindigkeit weiter schärfen und den Druck auf traditionelle Apotheken erhöhen.

Noch ist der Dienst nicht auf dem deutschen Markt, aber was sollten Pharmafirmen tun, um sich darauf vorzubereiten?
Kim Lander: Die digitale Transformation im Pharmasektor ist unaufhaltsam, Firmen müssen sich anpassen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Die Vorbereitung auf Plattformen wie Amazon erfordert eine strategische Planung und die Bereitschaft, neue Geschäftsmodelle und Technologien zu adaptieren. 
Für Pharmaunternehmen gelten bei Amazon ähnliche KPIs als relevant wie auch in den klassischen Online-Apotheken. Auch hier stehen Sichtbarkeit und die Produktseitenqualität im Fokus. Unterschiedlich, doch vorteilhaft ist, dass der Produktauftritt selbst mitgestaltet werden kann. Auch Werbekampagnen können zum Teil eingeschränkt oder via Dienstleister in Eigenregie ausgesteuert werden. Somit haben Hersteller noch mehr Flexibilität und Einblicke in einen dynamischen Vertriebskanal. Pharmafirmen sollten bereits jetzt beginnen, sich mit dem Vertriebskanal Amazon stärker zu beschäftigen, noch bevor die Amazon Pharmacy in Deutschland offiziell kommt.

 

Amazon Pharmacy ist ein Online-Apothekendienst, der von Amazon betrieben wird. Er ermöglicht es Nutzenden, verschreibungspflichtige Medikamente bequem online zu bestellen und direkt nach Hause liefern zu lassen – ähnlich wie bei einer Online-Apotheke. Dazu können bestehende Rezepte an Amazon Pharmacy übertragen oder neue Rezepte direkt von der Praxis dorthin gesendet werden. Der Service bietet auch Funktionen wie die Überprüfung von Wechselwirkungen zwischen Medikamenten und die Möglichkeit, sich mit pharmazeutischem Fachpersonal auszutauschen. Nutzende können außerdem ein „sicheres Apothekenprofil“ einrichten, in dem sie wichtige Informationen wie Krankenversicherungsdetails, medizinische Probleme und Allergien sowie regelmäßig benötigte Verschreibungen hinterlegen. Darüber hinaus profitieren Amazon Prime-Mitglieder von zusätzlichen Vorteilen wie kostenloser Lieferung und Rabatten auf Medikamente. Derzeit ist der Service in Deutschland noch nicht nutzbar, doch er steht praktisch in den Startlöchern, denn dem Konzern wurde bereits eine Markenzulassung für den deutschen Markt erteilt. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis der Service auch hierzulande Fuß fassen wird.