Trotz vorliegender Indikation verweigern viele niedergelassene Fachärzt:innen und Hausärzt:innen ihnen die Cannabis-Therapie oder bestehen zunächst auf eine Verordnung eines Betäubungsmittels mit meist starken Nebenwirkungen und bewiesenem Abhängigkeitspotenzial. Und dies obwohl 90 Prozent der Patient:innen berichten, durch die Cannabis-Therapie andere Medikamente signifikant reduzieren oder gänzlich absetzen zu können.
Dr. med. Julian Wichmann, Co-Founder und CEO des Medizinalcannabis-Unternehmens Bloomwell: „Unsere Umfragen widerlegen faktenbasiert den Verdacht des Missbrauchs von medizinischem Cannabis im großen Stil, auf dessen Grundlage das BMG den Zugang zur Cannabis-Therapie verschärfen will. Vielmehr sind Patient:innen es leid, um ihre Cannabis-Therapie betteln zu müssen – und dennoch abgelehnt zu werden. Sie wollen selbst entscheiden, ob sie zumindest einen Therapieversuch mit medizinischem Cannabis starten, bevor sie Medikamenten mit deutlich stärkeren Nebenwirkungen einnehmen. Genau dies sind viele Ärztinnen und Ärzte aber nicht bereit zu akzeptieren, obwohl sie bereits in Ausnahmefällen medizinisches Cannabis verordnen. Die meisten präferieren aber verglichen mit medizinischem Cannabis sogar Betäubungsmittel mit heftigen Nebenwirkungen und hohem Suchtpotenzial. Es verwundert daher nicht, dass Patient:innen die Expertise ihrer Haus- und Fachärzte zum Thema Cannabis mit mangelhaft bewerten. Erfahrungsgemäß verweisen Hausärzt:innen beim Thema Medizinalcannabis zudem an andere Ärzte und Telemedizin-Plattformen, daher tauchen diese Patient:innen nicht in den GKV-Statistiken auf. Ein weiterer Faktor, wieso immer mehr Patient:innen sich für den Zugang als Selbstzahlende entscheiden, ist, dass sie sich eine zeitgemäße digitale Therapie per App wünschen.“
- Weitere zentrale Ergebnisse:
- 55 Prozent der befragten Cannabis-Patient:innen haben bereits bei ihrem Hausarzt oder niedergelassenem Facharzt eine Cannabis-Therapie angesprochen.
- Fast zwei Drittel dieser Patient:innen bewerten die Expertise ihrer Ärzt:innen mit mangelhaft oder ungenügend. Die Durchschnittsnote ist eine 5+.
- Lediglich 13 Prozent der Patient:innen, die eine Cannabis-Therapie angesprochen haben, erhalten ein Rezept.
- Typische Ablehnungsgründe sind Sorgen rund um die Kostenerstattung (26,5 %), fehlende Erfahrung der Ärzt:innen (39,1 %), grundsätzlich keine Behandlung mit Cannabinoiden (41,1 %) oder grundsätzliche Vorbehalte (55 %).
- Stattdessen haben 68,7 % der Patient:innen ein Rezept für ein anderes verschreibungspflichtiges Arzneimittel erhalten. Darunter 56,2 % für ein Betäubungsmittel (z.B. Fentanyl bei chronischen Schmerzen).
- Durch medizinisches Cannabis konnten 62,8 % der Patient:innen mindestens ein anderes Medikament gänzlich absetzen, weitere 28,0 % mindestens ein Medikament signifikant reduzieren.
- Von den Patient:innen, die von ihrem niedergelassenen Arzt oder ihrer Ärztin ein Rezept für medizinisches Cannabis erhalten haben, sehen 30 Prozent diesen seltener als einmal im Quartal.
- In einer parallelen DockCheck-Umfrage unter 500 Hausärzt:innen erklärten 27 %, seit Anfang April 2024 noch nie medizinisches Cannabis verordnet zu haben. 63 Prozent der befragten 500 Hausärzt:innen haben gar nicht oder maximal fünf Patient:innen medizinisches Cannabis verordnet.
- Nur rund ein Fünftel der niedergelassenen Ärzt:innen kann sich vorstellen, im Fall eines chronisch erkrankten Schmerzpatienten die Therapie mit medizinischem Cannabis zu beginnen, ohne vorher andere Medikamente wie Tilidin oder Fentanyl ausprobiert zu haben.
- Für typische Volkskrankheiten wie Schlafstörungen (16 %) oder Migräne (10 %) haben bislang nur wenige der 366 Hausärzt:innen, die seit April bereits einen Therapieversuch gestartet haben, medizinisches Cannabis verordnet.
Niklas Kouparanis, Co-Founder und CEO der Bloomwell Group: „Ich fordere die Verantwortlichen im BMG nochmal ausdrücklich dazu auf, drastische Änderungen des Medizinalcannabis-Gesetzes nicht rein ideologisch, sondern fakten- und datenbasiert zu treffen. Unsere Analyse zeigt schließlich, dass der hypothetische Missbrauchs-Verdacht, der den geplanten Gesetzesänderungen zugrunde liegt, völlig haltlos ist. Denn 90 Prozent der Befragten konnten dank medizinischem Cannabis andere Medikamente absetzen oder reduzieren – wer will diesen Menschen ihre Berechtigung auf mehr Lebensqualität absprechen? Die hohe Zahl der privat zahlenden Patient:innen auf spezialisierten Plattformen lässt sich anhand der Ergebnisse der beiden Umfragen rational erklären: Patient:innen erleben tagtäglich anhaltende Stigmatisierungen, zugleich wünschen sie sich eine zeitgemäße Therapie, die effektiv, digital, schnell und günstig abläuft. Zudem sind die Kosten massiv gesunken, eine Cannabis-Therapie ist inklusive Medikamentenkosten ab circa 30 Euro im Monat möglich. Statt sich den echten Problemen des deutschen Gesundheitssystems zu widmen, lassen die Verantwortlichen des BMG im Falle von medizinischem Cannabis eine Doppelmoral walten und warten nicht einmal die Ergebnisse der Evaluation ab. Ich kann mein Angebot nur wiederholen, gemeinsam einen Blick auf unseren in Europa einmaligen Datenpool zu werfen, um endlich Vernunft in diese Debatte einkehren zu lassen.“
Für diesen Report hat Bloomwell im August und September 2025 3.879 Patient:innen befragt, die größtenteils über Bloomwell eine Therapie mit medizinischem Cannabis begonnen haben, und die Ergebnisse anonymisiert ausgewertet. Zudem hat DocCheck Insights, das Marktforschungsinstitut der DocCheck Community, im Auftrag der Bloomwell Group im September 2025 n=500 niedergelassene Ärzt:innen aus den Bereichen Allgemeinmedizin und Innere Medizin ohne Schwerpunkt in Deutschland befragt.