Der Titel der Recruiting-Kampagne spielt auf die Netflix-Serie „How to sell drugs online (fast)“ an und versucht mit dieser Anlehnung den Nachwuchs für die möglichen Berufe in der Apotheke zu begeistern. Denn Nachwuchsgewinnung in Zeiten des Fachkräftemangels ist auch für die Apothekeninhaberinnen und -inhaber ein zentraler Erfolgsfaktor. Um sich im heißumkäpften Arbeitskräftemarkt Aufmerksamkeit zu verschaffen, darf es dann mal etwas mutiger in der Ansprache sein. 

Nachwuchsgewinnung schwieriger denn je 

„Wie in vielen anderen Wirtschaftszweigen belastet der Fachkräftemangel auch die Apotheken immens. Wir erwarten, dass bis Ende dieser Dekade bis zu 10.000 Apothekerinnen und Apotheker in den Apotheken fehlen, um die wohnortnahe Arzneimittelversorgung der Patientinnen und Patienten aufrechtzuerhalten“, erklärt Mathias Arnold, Vizepräsident der ABDA. Auch in den für die Apotheken unverzichtbaren Berufsgruppen der pharmazeutisch-technischen Assistenten (PTA) und der pharmazeutisch-kaufmännischen Angestellten (PKA) zeichne sich ein erheblicher Mangel ab. Vor diesem Hintergrund sei es wichtig, die Jugendlichen schon sehr früh auf den für sie relevanten Kommunikationskanälen anzusprechen und für die Berufe in der Apotheke vor Ort zu interessieren. 

Benjamin Rohrer, Pressesprecher der ABDA, betont die Notwendigkeit, dass eine Nachwuchskampagne einerseits inmitten zahlloser Recruiting-Kampagnen herausstechen müsse. „Was durchdringen will, muss total überraschend, unerwartet von der Zielgruppe und vielleicht auch ein Aufreger in der Welt der Erwachsenen-Generationen sein“, so Rohrer. „Andererseits muss die Kampagne seriös über die Apothekenberufe informieren und eine fachliche Tiefe haben, die die Zielgruppe von den Apothekenberufen überzeugt.“ Und genau dieser Spagat zwischen den beiden Ebenen „Aufmerksamkeit schaffen“ und „seriös informieren“ gelinge der Kampagne, für die die Kommunikationsagentur Cyrano verantwortlich zeichnet.

■ Informationsebene ist zentral 

Gezeigt werden die vielfältigen Inhalte der Kampagne vor allem auf Social-Media-Kanälen. Ein zentrales, aufmerksamkeitsweckendes Element der Kampagne ist die Video-Serie „Die Apotheke“. Zehn Episoden dieses Infotainment-Formats zeigen das Miteinander eines fiktionalen Apothekenteams als Mischung aus Parodie und scheinbar realen Vorgängen.

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Die Protagonisten der fiktionalen Video-Serie „Die Apotheke“. Foto: ABDA

 

Benjamin Rohrer verweist darauf, dass der weitaus breitere Teil der Kampagne zahlreiche Informationen bietet. „Sehr wichtig ist uns aber, dass hinter dieser vermeintlich provokativen Aufmerksamkeitsebene viel mehr in dieser Kampagne steckt, nämlich eine sehr tiefe Informationsebene“, konstatiert der ABDA-Sprecher. „Nachdem wir die Zielgruppe auf der Aufmerksamkeitsebene hoffentlich für uns gewinnen konnten, bieten wir zahlreiche und umfangreiche Infos über die Apothekenberufe an.“ Auf apotheken-karriere.de gebe es beispielsweise eine virtuelle Apotheke, in der man alle Apothekenräume in 3D virtuell durchlaufen kann. „Hinzu kommen Berufevideos, in denen die Apothekenberufe von reellen Berufstätigen dargestellt werden. Auch eine Jobsuche und Berufeflyer bieten wir dort an“, berichtet Benjamin Rohrer.

Zahlreiche Aspekte hätten bei der Entscheidung für diese Kampagnenidee eine Rolle gespielt. „Sehr schlüssig ist die Aufteilung in Aufmerksamkeits- und Informationsebene“, findet der ABDA-Pressesprecher. Beide seien zwar notwendig. „Uns ist wichtig, dass der weitaus breitere Teil der Kampagne aus vielfältigen Informationen über die Apothekenberufe sowie zu den Ausbildungswegen besteht.“ Es gehe hinter der „schrill-lauten Eingangstür“ zur Kampagne sehr viel um „Werte und um intrinsische Motivation“ – und das in sehr zeitgemäßer Verbreitungsform.

Damit die Verbreitungsform auch tatsächlich zeitgemäß ist, habe man sich intensiv mit der Zielgruppe beschäftigt und sie miteinbezogen. Oder wie es Benjamin Rohrer formuliert: „Wie bei keiner anderen Kampagne der ABDA zuvor ist es bei dieser essenziell, einen Schritt zurückzutreten und sich in die junge Zielgruppe hineinzuversetzen.“ Marktforschung außerhalb der jungen Zielgruppe helfe hier nicht weiter. „Bei der Entwicklung des Konzepts haben die Kreativen sich mit der Zielgruppe, Jugendlichen zwischen 15 und 18 Jahren, genau auseinandergesetzt, ihre Kommunikationspräferenzen und Ansprüche bei der Berufswahl analysiert“, so Rohrer. „Zudem wurden vorab PTA-Schülerinnen und -Schüler um Bewertungen zur Kampagnenidee gebeten.“

Die Recruiting-Kampagne ist auf drei Jahre angelegt. Den ersten Schritt „Aufmerksamkeit zu generieren“, habe man geschafft, so Rohrer. „Resonanz und Aufregung sind groß.“ Damit lasse sich weiter arbeiten. Mit Blick auf die dreijährige Laufzeit des Recruiting-Ansatzes erklärt Benjamin Rohrer, „dass naturgemäß die Zielgruppe einer Nachwuchskampagne nachwächst. Es muss also nicht immer wieder alles neu erfunden werden. Die Nachwuchskampagne wird aber in der Laufzeit aufgefrischt werden.“

„Resonanz und Aufregung sind groß“

Die Reaktionen auf die neue Recruitingkampagne der ABDA schlugen schon vor dem offiziellen Start hohe Wellen. Vor allem in den sozialen Medien wurde die Kampagnenidee mit der Anspielung auf Dealer und Drugs kritisiert. Daniela Hänel, 1. Vorsitzende des Verbandes der Freien Apothekerschaft, distanziert sich klar von der Idee: „Dealen und Drogen sind ein ernstes gesellschaftliches Thema, das mit unserer tagtäglichen Arbeit aber auch überhaupt nichts zu tun hat.“ Bei jährlich 2.000 Drogentoten finde man diese Aktion „äußerst geschmacklos“. Hänel räumte bei aller Kritik zwar ein, dass es löblich und auch dringend erforderlich sei, sich um den Nachwuchs für Apotheken zu kümmern. „Aber hier fehlt mir jegliches Verständnis, dass in dieser Form Mitgliedsbeiträge der Apotheken ausgegeben werden.“