Noch stehen die virtuellen Charaktere in der Pharmabranche am Anfang. So hatte sich der amerikanische Influencer Knox Frost beispielsweise während der Pandemie mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zusammengetan, um das Bewusstsein für das Coronavirus unter jungen Menschen zu verbreiten. Doch das ist noch die Ausnahme. Bekannte Influencer wie die deutsche Noonoouri machen hauptsächlich Werbung für Mode, Autos oder Lifestyle-Produkte. Doch bald schon könnten sie Patientengeschichten teilen, über Krankheiten aufklären oder Ärztinnen und Ärzten die Wirkweise von neuen Medikamenten erklären – die Einsatzmöglichkeiten scheinen endlos.
■ Virtuelle Influencer haben Vorteile
Virtuelle Influencer sind besonders interessant für das Marketing. Sie ermöglichen eine präzise Kontrolle über Markenimage und Botschaften. Im Gegensatz zu menschlichen Influencern altern sie nicht, bleiben langfristig relevant und sind global aktiv, ohne geografische Beschränkungen oder Sprachbarrieren. Sie sind rund um die Uhr verfügbar und bieten dank Künstlicher Intelligenz personalisierte Interaktionen, was die Bindung zur Zielgruppe vertieft und das Engagement steigert. Zudem agieren sie in kreativen digitalen Welten, darunter Fantasie- und futuristische Settings, die in der realen Welt schwer umsetzbar wären. Ein weiterer Vorteil ist die Vermeidung von Imageproblemen, da virtuelle Influencer immun gegen persönliche Skandale oder ethische Verfehlungen sind. Insgesamt bieten sie Marken konsistente Präsenz, hohe Kontrolle, globale Reichweite und kreative Freiheit, wodurch sie zu einer erstklassigen Option im Influencer-Marketing werden.
■ Unerschlossenes Marketingland
„Pharmafirmen sollten sich mit dem Thema virtuelle Influencer beschäftigen“, findet Max Klemmer, Geschäftsführer von Miss Germany Studios. Sein Unternehmen hat die virtuelle Influencerin Lij entwickelt, die vornehmlich in der Gaming-Community agiert. Klemmer glaubt, dass wir uns in Zukunft viel in einer „Mixed Reality“ bewegen werden, also in einer Welt, in die digitale Objekte integriert wurden und mit denen wir interagieren.
Es ist wahrscheinlich, so Klemmer, dass Menschen dann wählen können, ob sie mit einem Avatar oder einer realen Person interagieren wollen. „Denkbar wäre auch, dass Pharmaunternehmen bestimmte Plattformen unterstützen, auf denen dieser Austausch in der Virtualität stattfindet oder die Technik zur Verfügung stellen, damit sich Menschen Avatare erstellen und mittels dieser Avatare in den Kontakt mit den virtuellen Influencern gehen. Gleichzeitig bieten sie auf den Plattformen ihre Dienstleistungen oder Produkte an.“ Noch klingt das alles wie Zukunftsmusik, und für viele Szenarien ist die Hard- und Software noch nicht ausgereift genug. „Doch“, mahnt Klemmer, „das ist nur eine Frage der Zeit, und wer mitgestalten will, muss jetzt aktiv werden.“