Blühende Aussichten

27.01.2020 15:40
Seit März 2017 ist das „Cannabis als Medizin“-Gesetz in Kraft und Cannabisblüten sowie -extrakte sind in Deutschland verschreibungsfähig. Experten sehen großes Potenzial in der Pharmabranche für medizinisches Cannabis. Doch machen Untersuchungen auch deutlich, dass es noch großen Aufklärungsbedarf gibt – vor allem bei Ärzten. Ob sich die Klientel offen für die Kommunikation zu Medizinalcannabis zeigt und wie man am besten an die Sache rangeht, haben wir einige Healthcare-Kommunikationsexperten gefragt.

>> „Seit dem 10. März 2017 ist Medizinisches Cannabis in Deutschland verkehrsfähig. Seitdem dürfen Blüten und Extrakte von jedem Arzt mittels Betäubungsmittelrezept verordnet und – unter bestimmten Voraussetzungen – von den gesetzlichen Krankenkassen (GKV) erstattet werden. Als Arzneimittel zugelassen sind Cannabisblüten und -extrakte indes nicht. Dafür verlangt das Bundesinstitut für Arzneimittelsicherheit Nachweise der Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und Qualität – diese Nachweise gibt es für Medizinalcannabis bis heute nicht“, erklärt Guido Balke, Senior Berater bei Die PR-Berater, Köln. Dennoch hätten die Mediziner in Deutschland von Januar bis September 2019 laut Bericht des GKV-Spitzenverbands rund 193.000-mal Cannabinoidhaltige Fertigarzneimittel und Zubereitungen verordnet.

Gut die Hälfte davon seien Cannabisblüten gewesen, so Balke, was im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einen Anstieg von über 50 Prozent bedeutet habe. Der Experte zeigt ein Problem auf: „Doch gleichzeitig wissen wir aus unzähligen Gesprächen mit Ärzten, dass viele sehr unsicher sind in Bezug auf Cannabisbasierte Medikamente, insbesondere bei den Blüten. Das ist kein Wunder, denn es sind aktuell circa 50 bis 60 verschiedene Sorten auf dem Markt, alle mit unterschiedlichen Gehalten an psychoaktivem THC und entspannend wirkendem CBD, ganz zu schweigen von den anderen Cannabinoiden und den Terpenen.“

Jede Sorte wirke bei jedem Patienten anders. Die ungewöhnliche Einnahme über Verdampfer oder auch als Tee oder in Keksen, sorge für weitere Unsicherheiten. Und schließlich hätte auch die Verordnung per BTM-Rezept, der Antrag auf Erstattung bei der Krankenkasse sowie die verpflichtende Teilnahme an der Begleiterhebung so ihre Tücken. „Trotz dieser komplexen Gemengelage sind viele Ärztinnen und Ärzte sehr offen für Kommunikation, sofern sie gut gemacht ist – aber dafür gibt es ja Profis wie uns“, lächelt Balke verschmitzt.

Offenheit beim Thema Cannabis bestätigt auch Alja Michalczyk, Member of Managing Board bei der MCG Medical Consulting Group: „Cannabis in der Medizin ist ein komplexes Thema, das nicht nur Aufklärung zum Wirkstoff, sondern auch Beratung und Hilfestellungen im administrativen Umgang mit Cannabis, Cannabisrezepten und dem Umgang mit GEKs erfordert.“ Die Agentur begleitet nach Michalczyks Angaben seit dem Frühjahr 2018 Pharmaunternehmen, die solche Produkte herstellen und vertreiben. Dabei habe man die Erfahrung gemacht, dass Ärzte sich über den Aufklärungsbedarf durchaus bewusst seien und diesen auch einforderten.

Einen etwas kritischeren Blick wirft Natalie Koster, Geschäftsführerin der Agentur brandpepper, auf die Akzeptanz der Cannabis-Kommunikation bei Ärzten und verweist auf sehr heterogene Reaktionen. „Es ist keineswegs so, dass alle Schmerztherapeuten oder alle Neurologen einer Cannabis-Therapie offen gegenüberstehen. Über die Facharztgruppen hinweg gibt es ,Early Adopters‘, die bereits Cannabis als Therapieoption einsetzen. Aber: Zwei Drittel der in Frage kommenden Ärzte haben bisher noch kein Cannabis verordnet und verhalten sich entweder abwartend oder lehnen medizinisches Cannabis momentan gänzlich ab“, beschreibt Koster ihre Erfahrungen.

Die Arbeit für die Kommunikation fange gerade erst an – es gelte, so Koster auf die Frage nach der Herangehensweise an die sehr heterogenen Fachzielgruppen, zu der auch der Apotheker gehöre, Einstellungen und Informationsbedürfnisse dieses großen Verordnerpotenzials adäquat einzugehen und für jedes Cluster die richtigen Inhalte und Informationskanäle zu schaffen. „In der derzeitigen Marktsituation haben Medical-Education-Angebote einen sehr hohen Stellenwert. Unsere Aufgabe ist es, diese im Sinne des Medical Narrative des jeweiligen Produktangebotes zu gestalten, um die Produktkommunikation bestmöglich zu begleiten bzw. vorzubereiten.“

Bei Territory läuft die Ansprache über Advisory Boards, direkte Kontaktaufnahme oder durch Ansprache der Zielgruppen über die Unternehmenswebsite des Kunden, wie Nicole Freude, Head of Healthcare bei Territory, verrät, während für Balke die Voraussetzung für die Kommunikation erst mal nicht wesentlich anders sind, als in der Healthcare-Kommunikation per se. „Wie bei jeder Kommunikationsmaßnahme gilt auch hier: sie muss die Zielgruppe ,abholen‘, also passgenau einen vorhandenen Bedarf decken. Gerade bei Ärzten ist es existenziell, dass Informationen auch relevant für die tägliche Praxis sind. Im vorliegenden Fall sind das zum einen grundlegende Informationen über cannabisbasierte Medikationen, die Fragen zur Wirkungsweise, zu geeigneten Indikationen und Patienten beantworten“, sagt Balke.

Zum anderen müssten auch ganz praktische Fragen über Verordnung, Abrechnung und Erstattung abgehandelt werden. Es gebe also sehr viel zu erzählen. Das funktioniere nur über inhaltsgetriebene Formate mit hohem fachlichen Anspruch. „So haben wir bei allen unseren bisherigen Cannabis-Kunden immer auf Fortbildung gesetzt: angefangen bei wissenschaftlichen Symposien, Workshops, Präsenz auf Fachkongressen bis hin zu zertifizierten Fortbildungen print und online. Die wertvollen Inhalte tragen wir über klassische Fachpressearbeit mit Presseinformationen, Autorenbeiträgen und Sonderbeilagen in die Breite“, führt er aus. Bei allem Anspruch an die Inhalte dürfe aber auch die Markenkommunikation nicht zu kurz kommen. So habe die Agentur etwa bei allen BTM-Rezepten, die man beispielhaft ausgefüllt habe, immer ganz konkret die Cannabissorte der jeweiligen Kunden genannt – und damit sowohl praxisrelevante Inhalte als auch Markennamen transportiert. „Und natürlich haben auch alle Teilnehmer einer PR-Reise nach Kanada, die wir Ende 2018 realisiert haben, den Namen des Kunden mitgenommen“, berichtet Balk aus der Praxis.

Von rechtlichen Grauzonen und Freiheiten

Da wir explizit auf der Suche nach Besonderheiten im Marketing für Medizinalcannabis im Vergleich zum üblichen Pharmamarketing sind, haben wir hier noch einmal genauer nachgefragt. „Eine der größten Besonderheiten und somit auch Herausforderungen ist die allgemeine Gesetzes- und Evidenzlage. Cannabis-Präparate dürfen nur in bestimmten Fällen – gemäß Heilmittelwerbegesetz – „beworben“ werden. Hierzu muss das Präparat behördlich als verkehrs- und verschreibungspflichtig (Betäubungsmittelgesetz, Anlage III) gekennzeichnet sein“, klärt Michalczyk auf. Entfalle eine dieser Kennzeichnungen, gegebenenfalls kurzfristig, sei die gesamte produktbezogene Bewerbung gesetzlich untersagt. Wer also mit Cannabisprodukten arbeite, sollte bereit sein, die Marketingplanung flexibel zu halten und kurzfristig anzupassen, rät sie.

Die an manchen Stellen nicht ganz eindeutige rechtliche Lage ruft auch noch einmal Balke auf den Plan: „Im Vergleich zum klassischen Pharmamarkt, der extrem reglementiert ist, haben wir im Markt der Cannabisbasierten Medikamente sehr viele rechtliche Grauzonen und grundsätzlich mehr Freiheiten. Jede Ärztin und jeder Arzt in Deutschland darf Medizinalcannabis zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnen, und zwar – unter Beachtung einiger schwammig formulierter Voraussetzungen – bei jeder erdenklichen Indikation. Das gibt es bei keinem anderen Medikament“, weiß der Kölner Experte. Gleichzeitig müsse man in der Kommunikation nicht nur das Heilmittelwerbe-, sondern auch das Betäubungsmittelgesetz beachten. Eine enge Zusammenarbeit mit einer spezialisierten Kanzlei sei obligatorisch, sodass fertig ausgearbeite Maßnahmen schon mal juristisch geprüft seien, bevor man damit rausgehe.

Balke präsentiert ein Praxisbeispiel: „Beispielsweise hatten wir eine Reihe von Patientengeschichten umgesetzt, die wir dann, gedruckt auf dem offiziellen Papier des Kunden, an die Presse geben wollten. Unsere Anwälte haben uns zurückgepfiffen, da so der Eindruck entstehen konnte, dass diese Patienten mit Cannabis aus dem Hause des Kunden versorgt worden seien. Wir haben daraufhin auf den üblichen Versand mit Logo und Firmenname verzichtet und die Geschichten anders eingesetzt.“ Grundsätzlich versuche man mit gezielten Maßnahmen soweit in die Grauzonen vorzudringen, wie möglich, und gleichzeitig ausreichenden Sicherheitsabstand gegenüber Verstößen und Abmahnungen zu wahren – „bisher ist uns diese Gratwanderung gelungen“, lacht Balke.

Obwohl Dr. Michael Meissner, Creative Director Healthcare bei Territory, die Unterschiede zur üblichen Pharmakommunikation gar nicht für „so groß“ befindet, ist es ihm schon wichtig zu betonen, „dass medizinisches Cannabis auch im Jahr 2020 noch das Potenzial hat zu polarisieren. Umso wichtiger ist es für Anbieter, ihren Zielgruppen valide und gut recherchierte Informationen zur Verfügung zu stellen. Ebenso helfen ein ,seriöser‘ Auftritt, Transparenz und Serviceorientierung“.

Wie gelingt der Switch vom „Kiffer-Image“ zur therapeutischen Option?

Als Meissners Agenturkollegin weist Freude, wie zuvor Balke und Koster, noch einmal auf den Wunsch der Ärzte zu zertifizierten Fortbildungsveranstaltungen und Webinaren hin. Dabei ergänzt sie die Aufzählung um produktneutrale Informationen für Endverbraucher und betont die Relevanz der öffentlichen Aufklärung.

Als Indikator führt sie den wiederholten Wunsch der Ärzte nach einer breit angelegten Aufklärungskampagne für die Öffentlichkeit an. Die gesellschaftliche Dimension thematisiert auch Koster: „Anders als andere neue Präparate ist Cannabis extrem emotional besetzt durch seine Heritage als illegale Droge. Medizinisches Cannabis bringt ein ,Kiffer-Image‘ mit, soll aber als ernst zu nehmende therapeutische Option eingesetzt werden. Das ist erst mal ein großer Schritt, den andere Produkte so nicht vollziehen müssen.“
Koster identifiziert daher vier große Aufgaben der Kommunikation für medizinisches Cannabis:
„Es geht in allererster Linie darum, Glaubwürdigkeit und Relevanz für Cannabis als medizinischen Wirkstoff herzustellen und die bestehende Stigmatisierung abzubauen,
Zweitens gilt es, über die rechtlichen und praktischen Regularien aufzuklären,
Parallel muss der Markenaufbau für das jeweilige Produkte und für den Anbieter beginnen – oftmals sind die Unternehmen ja völlig unbekannt auf dem deutschen Markt,
Und die vierte Aufgabe heißt Managen – den Arzt befähigen, seine Cannabis-Patienten zu beraten und zu führen.“

„Dieses wirtschaftliche Potenzial haben bisher nur wenige Apotheken erkannt“

Hält der Patient das „Cannabis-Rezept“ in Händen, marschiert er damit in die Apotheke. Wie sieht in dem Kontext das Marketing aus? „Das Apothekenmarketing ist abhängig von der Darreichungsform des medizinischen Cannabis“, berichtet Alja Michalczyk. Bei unseren Kunden handelt es sich um Extrakte und nicht um Blüten, weshalb problematische Themen wie Lagerung oder Verfallsdatum der Ware entfallen. Was bei dieser Zielgruppe im Fokus der Kommunikation steht, ist die Frage der Rechtssicherheit. Unsere Kommunikation zielt darauf ab, Sicherheit im Umgang mit CBD-Extrakten zu vermitteln, indem wir Aufklärung und Dialog ermöglichen.“

Bei den PR-Beratern spielen die Apotheker in der Versorgung von Patienten mit Cannabisbasierten Medikamenten eine sehr wichtige Rolle. „Sie müssen – bei Erstverordnung – prüfen, ob die Kostenübernahme durch die Krankenkasse gewährleistet ist und ob die verordnete Blütensorte überhaupt verfügbar ist. Trotz des wachsenden Marktes gibt es häufig Lieferengpässe für bestimmte Sorten. Vor Abgabe muss dann noch die Identität der Sorte überprüft werden“, zeigt Balke das Prozedere auf. Dafür könnten Apotheker einen Festzuschlag von 100 Prozent abrechnen.

Der Rohertrag bei Cannabis liege deutlich über dem der herkömmlichen Medikamente, die über den Apothekentresen gehen. „Dieses wirtschaftliche Potenzial haben bisher nur wenige Apotheken erkannt“, stellt der Kommunikationsexperte fest. Das Interesse an dieser Therapieoption sei jedoch auch bei den Apothekern grundsätzlich sehr hoch. „Aber natürlich gibt es auch Berührungsängste und Vorbehalte. Einige wollen zum Beispiel nicht in die ,Schmuddelecke‘ geraten und falsches Klientel anziehen.“ Schließlich gehöre Cannabis in Deutschland nach wie vor zu den gesetzlich verbotenen Drogen. Da aber Wirtschaftlichkeit für Apotheken sehr wichtig sei, könne die Agentur mit einer Kombination aus inhaltlicher Aufklärung und dem Aufzeigen des wirtschaftlichen Potenzials einiges erreichen. Balke zählt auf: „Dies tun wir unter anderem durch Präsenz auf Messen, allen voran der Expopharm, wo im vergangenen Jahr Cannabisbasierte Medikationen ein Leitthema waren.“

Welche Rolle spielt der Patient als Zielgruppe der Kommunikation?

Während Ärzte also noch ziemlichen Beratungsbedarf haben, lohnt sich vielleicht auch ein Blick in Richtung Patient. Nicole Freude: „Patienten sind in diesem Bereich in der Regel schon sehr gut informiert. Sie informieren sich zu einem großen Teil online, aber eher auf Blogs oder in geschlossenen Foren. Da für Anbieter von Medizinalcannabis aber die Möglichkeiten in der Kommunikation begrenzt sind, spielt der Patient hier eher eine untergeordnete Rolle in der Kommunikationshierarchie.“ Muss man den Patienten denn überhaupt in die Kommunikation miteinplanen? „Ja, der Patient sollte in jedem strategischen Kommunikationsansatz berücksichtigt werden“, konstatiert Michalczyk und führt weiter aus: „Die gesellschaftlichen Vorurteile gegenüber medizinischem Cannabis sind fest in den Köpfen verankert. Die Entstigmatisierung von medizinischem Cannabis ist unser primäres Ziel. Auch Aufklärung zur Kostenübernahme der GEK, die seit März 2017 verpflichtend ist, ist ein relevanter, hilfreicher Service für Patienten. Es ist wichtig, die Laienzielgruppe kommunikativ an die Hand zu nehmen, um auf rechtliche Ansprüche und Qualität der Produkte zu verweisen und somit Sicherheit zu vermitteln.“

„Patienten“, ergänzt Balke, „sind eine ganz wichtige Zielgruppe, da sie ihre eigene Versorgung mit Cannabisbasierten Medikamenten aktiv mitgestalten können. Jeder Mediziner darf Cannabis verordnen, so dass Patienten ihren Arzt auf diese Behandlungsoption aufmerksam machen können. Oder sie können vorher in der Apotheke fragen, welche Blütensorten gerade verfügbar sind und den Arzt bitten, genau diese Sorten auf das Rezept zu schreiben.“ All das könnten Betroffene nur, wenn sie informiert sind. Also spiele auch in der Patientenkommunikation Aufklärung eine zentrale Rolle – natürlich ganz anders aufbereitet als in der Fachkommunikation.

Für Koster sind die Patienten momentan sogar die Treiber im Cannabismarkt. Viele Patienten mit schweren chronischen Erkrankungen setzten hohe Erwartungen in die legale Nutzung von medizinischem Cannabis. Die Cannabis-Anbieter könnten Ärzte dabei unterstützen, zu umfassend informierten Beratern ihrer Patienten in Sachen Cannabis zu werden. Ganz wichtig ist für Koster ein gutes Erwartungsmanagement: „Medizinisches Cannabis ist sicher für viele Patienten eine gute Option – aber es ist kein Wunder- oder Allheilmittel.“

Das Marketing ... fängt erst an

Für Michalczyk bleibt spannend, wie sich der Markt entwickeln wird. Sie empfiehlt Unternehmen: „Durchhalten! Cannabis als Wirkstoff hat viel Potenzial. Aktuell ist die Evidenzlage noch ungünstig; die Studienanzahl ist hoch, die Fallzahlen gering. Auf wissenschaftlicher und juristischer Ebene ist also noch viel Luft nach oben, die es zu befüllen gilt. Eine gute Basis für Wachstum und Entwicklung.“ Auch die Territory-Experten Freude und Meissner schauen mit großem Interesse auf einen wachsenden Medizinalcannabismarkt. „Wir denken, dass in Zukunft noch viele Patienten von dieser relativ jungen Therapieform profitieren können. Ein Indiz für das große Potenzial ist, dass die jährliche Produktionsmenge derzeit noch deutlich unter der Nachfrage liegt“, betont Meissner.

Für Unternehmen sei unverzichtbar, dass sie kommunikativ unterwegs seien und an der Meinungsbildung aktiv teilhaben würden: z.B. über Webseiten, Messen, Advisory Boards etc. Auch der Wissens- und Erfahrungstransfer über Ländergrenzen hinweg werde noch weiter an Bedeutung gewinnen und Entwicklungen in diesem Bereich weiter beschleunigen.

Dr. Natalie Koster weist auf das Marktpotenzial hin: „Das potenzielle Marktvolumen in Deutschland wird auf 2,5 Mrd. EUR pro Jahr geschätzt – das entspricht etwa 250 Tonnen Cannabis. Aber: Die Nachfrage bei Patienten übersteigt das momentane Angebot bei weitem.“ In diesem Verteilungsmarkt konzentrierten sich Anbieter momentan stark auf die Distribution. Das werde aber nicht so weitergehen. Sobald die Menge den Bedarf der Early Adopters unter den Ärzten übersteige, fange das Marketing erst an. „Und dann wird derjenige die Nase vorn haben, der auf einen nachhaltigen Aufbau seiner Produkt- und Unternehmensmarke gesetzt hat. Denn Vertrauen ist das A und O“, ist sich Koster sicher.

Balke ist auch mit Zahlen am Start: „Es gibt Prognosen, die davon ausgehen, dass rund ein Prozent der Bevölkerung in Deutschland für die Verordnung von Cannabisbasierten Medikationen in Frage kommt. Das sind rund 800.000 Menschen. Und all diese möglichen Verordnungen haben gute Chancen auch noch von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen zu werden.“ Daher sei Deutschland in Europa einer der attraktivsten Marktplätze und alle Player drängten darauf, hier aktiv zu werden. Viele unterschätzten jedoch die damit verbundenen Hürden aus Genehmigungen und Zertifizierungen.

Balke berichtet, dass vielen der First Mover, die vor zwei, drei Jahren auf dem Markt gestürmt seien, inzwischen die Luft ausgegangen sei. Mittlerweile erfahre der Markt eine erste Beruhigung, „die fiebrige Goldgräberstimmung ist weg“, analysiert der Experte von Die PR-Berater. „Jetzt kommen die Player, die sich mehr Zeit genommen haben, um ihre Produktkonzepte und Lieferketten reifen zu lassen und den Markteintritt besser vorzubereiten. Wir gehen auch davon aus, dass sich der Markt stark in Richtung Fertigarzneimittel und Rezepturen entwickeln wird“, wagt Balke einen Blick in die Zukunft.

Das werde den Versorgungsprozess mit Verordnung beim Arzt und Abgabe in der Apotheke vereinfachen und dafür sorgen, dass das Marktvolumen weiter wachse. Balke vermutet, dass diese Entwicklung auch „Big Pharma auf den Plan rufen“ werde, für die das bisherige Marktgeschehen zu schnell und zu kleinteilig gewesen sei. „Insgesamt wird der Markt für Blüten und Co. attraktiv bleiben, jedenfalls solange Cannabis in Deutschland unter das Betäubungsmittelgesetz fällt. Viele erwarten jedoch mittelfristig eine Legalisierung in Deutschland – spätestens dann steht der nächste Gold- oder besser „Grün-Rausch“ an.“ <<

Ausgabe 01 / 2020

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