„Machen ist das Neue Wollen“
>> Herr Dr. Gantner, in der letzten Zeit wurden eine Reihe von Studien zum Metaverse veröffentlicht – auch mit Blick auf den Healthcare-Bereich. Könnten Sie für uns skizzieren, was sich hinter diesem Begriff versteckt?
Man könnte sagen, das Metaverse ist das Internet in 3D. Das heißt, wir agieren online nicht mehr nur im zweidimensionalen Raum mittels einer Bildschirmfläche, sondern sind mittendrin in digitalen Welten. Dazu nutzen wir Virtual-Reality-Brillen und möglicherweise auch zukünftig weitere Technologien an den Schnittstellen der Sinneswahrnehmung. Die Idee des Metaverse ist daher, unmittelbar Teil des digitalen Geschehens zu sein und damit ein verstärktes Gefühl der Immersion, des Eintauchens zu haben.
Im Moment scheint es aber eher für die einen ein Yukon Territory zu sein, in dem digitale Glücksritter ihre Immobiliengemarkungen abstecken, und für die anderen die Camera Obscura, vor der uns Soziologen und Sci-Fi-Autoren schon so lange gewarnt haben. Die Wahrheit wird, wie so oft, zwischen diesen beiden Polen zu finden sein. Es geht dabei um die Art und Weise, wie wir miteinander oder mit Maschinen interagieren und wie wir uns damit auch selbst verändern in unseren Fähigkeiten, unserem Verhalten, unseren Beziehungen und letztlich auch unseren Werten.
Dabei tauchen Begriffe auf wie „Avatar“ oder „digital Twin“, wie „augmented self“ oder „enhanced self“ und viele mehr. Das sind digitale Doppelgänger in einer Welt, die sich gerade erfindet und die in vielen Aspekten nicht mehr den Gesetzen unserer physischen Realität unterworfen zu sein scheint, diese ignoriert oder gar ablehnt.
Da zieht gerade Keanu Reeves vor meinem geistigen Auge vorbei ...
Verständlich, denn neu ist das nicht. Und auch in seinem Kern nicht revolutionär. Neil Stephenson schrieb in seiner dystopen Novelle „Snow Crash“ aus dem Jahr 1992 bereits darüber. Selbst Disney nahm sich in den frühen 80ern und noch einmal in den 2010ern bereits zweimal des Topos mit den Filmen „Tron“ und „Tron Legacy“ an. „Ready Player One“ kochte 2018 Popkultur und SciFi noch einmal kongenial, gut verdaulich und hellsichtig auf. Ein Millionenpublikum schließlich bekam die philosophischen Ansätze der Wahrnehmungstheorie von Platon, Berkely und Descartes als „Realität und wie wir sie erfahren“ bis zu Budrillard und Kurtzweil unter den Begriffen „Simulation als Realitätsersatz“ in der Person des „Auserwählten Neo“ in drei Filmen aus der Reihe „Matrix“ im Wohnzimmer präsentiert. Die Idee vom Metaverse begleitet uns also schon eine ganze Weile, jetzt holt uns die Technologie ein und wieder wird Science Fiction Realität.
Was heißt das denn für unsere Realität?
Es geht nun darum, die Möglichkeiten und Risiken dieser Technologie durchzudeklinieren. Dabei müssen wir jedoch aufpassen, nicht zu sehr unseren linearen Denkansätzen auf den Leim zu gehen, uns jedoch auch nicht von Angst oder Gier leiten zu lassen. Zunächst denkt man bei neuer digitaler Technologie an Kommunikation, dann an Retail, das heißt an den Austausch von Waren und Dienstleistungen, dann an Gamification, Unterhaltung, Lehre, Forschung und Wissenschaft. Irgendwann kommt auch der Fokus auf die Möglichkeiten in der Medizin.
Wo stehen wir denn da derzeit?
In diesem Segment geht es in der vorherrschenden Diskussion immer noch darum, die Potenziale der digitalen Transformation zu verstehen und zu gestalten. Noch haben Apps auf Rezept nur eine geringe Durchdringung bei Ärzten und Patienten, noch verstehen wir nicht die Auswirkungen von künstlicher Intelligenz auf die Medizin, da werden im Metaverse schon digitale Biomarker vorgestellt, digitale Therapien und Interventionen ersonnen und Nutzenmöglichkeiten für Services errechnet. Es zeichnen sich bereits interessante diagnostische und auch therapeutische Möglichkeiten ab, die zum Beispiel im Bereich der Neurowissenschaften einsetzbar sein könnten. Dabei sehe ich aber zunächst, dass sich Sensorik weiter verbreitet, dass mehr Daten zur Verfügung stehen, aus denen unter bestimmten Voraussetzungen wissenschaftliche Erkenntnisse erhoben werden können.
Ganz patientenorientiert könnte das Metaverse technisch dabei helfen, die Telemedizin auf eine nächste Stufe zu heben: Dies gilt insbesondere für Reha, Physiotherapie und bestimmte Bereiche des Segments Hospital@home. Doch auch im Metaverse, wie in anderen Bereichen, die mit Medizin zu tun haben, gelten weiterhin die Gesetze der juristischen Schwerkraft und die Anreizmechaniken der Erstattungsmöglichkeiten.
Bitkom hat im Oktober im Rahmen einer Studie Geschäftsführungen und Vorstände deutscher Unternehmen befragt. 46 Prozent von ihnen halten das Metaverse für die Gesundheitsbranche für interessant. Ist das eine Einschätzung, die Sie teilen?
Interessant ist bei Innovatoren ja immer so ein nicht ganz fassbarer Begriff. Innovatoren – und Vorstände müssen meiner Einschätzung nach per definitionem Innovatoren sein – müssen berufsmäßig Neues, das sich auf ihren Bereich bezieht oder beziehen könnte, interessant finden. Sonst haben sie ihren Job verfehlt. Interessant ist aber leider die kleine Schwester von langweilig und ahnungslos. Das Essen, das interessant schmeckt, esse ich aus sozialer Gefälligkeit, weil ich es in dem Kontext ja muss. Der Schaden es nicht zu essen wäre größer als der, der eintritt, wenn ich es esse. Keine Geschäftsleitung will sich eine Chance entgehen lassen, auch wenn sie noch nicht genau weiß, wie die Zukunft sich wenden wird.
Gerade im Gesundheitswesen lernen wir nun, dass die digitale Transformation eben doch Einzug hält – auch wenn man das lange nicht gedacht hätte und mancherorts noch fleißig daran gearbeitet wird, dass es noch recht lange dauern möge. Niemand kann genau sagen, wie sich das ausprägen wird, daher muss man auch die technologischen Entwicklungen im Metaverse von Vorstandsebene her beobachten. Dazu kommt ja ebenso noch der Sandkasteneffekt. Wenn der Marc, das Wunderkind der digitalen Welt, immerhin der Boss von Facebook, sein Unternehmen umbaut und sogar noch umbenennt, dann muss da was dran sein. Disruptiv ist das nicht, nicht mal kreativ, sondern nur notwendig konsequent und selbsterhaltend. Und ja: Ich finde das Metaverse in dieser Definition auch interessant.
Fortbildung, Mitarbeiterrekrutierung oder Produktvorführung: In verschiedenen Bereichen auch für die Gesundheitsbranche wohl mögliche und realisierbare Optionen – mithilfe unterschiedlicher Devices. Denken wir darüber hinaus und in einen sensibleren Bereich hinein, in dem ein digitaler Zwilling mit den Gesundheitsdaten und -merkmalen eines Patienten ausgestattet unterwegs ist … Wie bewerten Sie dieses Setting im Hinblick auf Technik, Akzeptanz und Anwendbarkeit?
Ich glaube, wir stellen die falsche Frage. Wir stellen die Frage, was passiert, wenn nicht alles sicher und 100 % geregelt ist. Wir durchdenken Szenarien und entwerfen Utopien, nur um sie dann mit dem Handbesen des Datenschutzes wegzuwischen. Bei uns bleibt dann das Gefühl, dass wir’s auch gewusst hätten – aber wir haben es halt nicht gemacht. Es bleibt beim Gedanken. Wir spielen vor leeren Konzerthallen und sind überrascht, dass wir im Publikumswettbewerb keinen Applaus bekommen. Wir können uns dann freuen, dass wir Dinge korrekt vorhergesagt haben, dass wir unser Instrumentarium beherrschen, aber andere haben sie umgesetzt und bestimmen dann die weiteren Regeln. Machen ist immer auch das Neue Wollen (sic!). Ich möchte mal fragen: Was passiert denn, wenn wir nicht diesen Weg gehen, wenn wir nicht kalkulierte Risiken eingehen? Die Antwort kann ich nicht geben, das wäre Anmaßung von Wissen. Dennoch: Ich denke, wir müssen hier in den demokratischen Diskurs. Dazu gehört Aufklärung, dazu gehört Bildung und dazu gehört der Mut, dass die Individuen klug genug sind, eigene Entscheidungen für sich und ihre Gesundheit zu treffen.
Und der technische Aspekt?
Mir scheint die Technologie kein limitierender Faktor zu sein. Die Einblicke, die ich in die 6G-Technologie haben durfte, zeigen mir, dass viele der Szenarien mittelfristig umsetzungsfähig sind. Wir sollten uns vielmehr darüber unterhalten, wie die Akzeptanz erhöht werden kann. Das steht in einem Verhältnis zur Anwendbarkeit. Je mehr ich verstehe, warum diese Technologie für mich relevant ist, welchen Nutzen sie mir bringt und wie ich sie in meinem Alltag einsetzen kann, desto eher wird es Beispiele für nutzerzentrierte Anwendung geben. Nutzer sind hier alle am medizinischen Prozess beteiligten Personen und Institutionen. Und dabei geht es dann um Fortbildung von medizinischem Personal, Information für Patienten und Angehörige und das Vorführen von Produkten, aber es geht auch darum, was die Personen, die im Metaverse aktiv sind, von sich preisgeben wollen, an wen sie das wollen und was sie sich davon erwarten. Daran machen sich auch die Regeln im Metaverse fest: Welche Geschäftsmodelle gibt es, wie stellt man Vertrauen her? Wie funktioniert Beziehung digital? Wie weit kann eine Immersion gehen und wie weit kann man sich mit einem digital Twin identifizieren? Gelten die Erkenntnisse zu den Spiegelneuronen durch Rizzolatti von 1992 und die Forschungen von Ramachandran zum Phantomschmerz auch im Metaverse? Was können wir daraus lernen?
Schauen wir auf den Bereich Datensicherheit – für die Deutschen ein großes Thema. Sowohl was die rechtlichen Rahmenbedingungen anbelangt, als auch was das Misstrauen der Bevölkerung im Umgang mit ihren Gesundheitsdaten angeht. Sind die deutschen und EU-Richtlinien dafür ausgelegt, das Thema Metaverse im Gesundheitsbereich mit Tempo nach vorne zu bringen? Was müsste sich ändern?
Die Fragestellung insinuiert ja bereits, dass sich etwas ändern müsste an den gesetzlichen Rahmenbedingungen. Da ich kein Datenjurist bin, wird meine Antwort immer lückenhaft bleiben. Ich möchte aber gerne einen anderen Denkansatz anregen, bei dem wir möglicherweise einigen Datenschutzbestimmungen elegant aus dem Weg gehen können:
In einer demokratisch verfassten Gesellschaftsordnung lebend bin ich ein großer Anhänger der Selbstverantwortung des Individuums. Das bedeutet, Individuen treffen selbst Entscheidungen, nachdem sie sich informiert haben. Selbstverantwortung ist aber auch Ambiguität und bedeutet Entscheidungen unter Unsicherheit und Abwägung zu fällen. Dazu brauchen wir Werkzeuge, um Menschen zu bilden und sie mit Informationen zu versorgen, die ausgewogen sind.
Mir scheint noch immer die Blockchain-Technologie ein relevantes Werkzeug zu sein, mit dem sich beispielsweise eine Teilhabe aller Menschen an deren Daten realisieren lässt. Warum sollte man nur gelangweilte Affenbilder mit NFTs (Non Fungible Tokens) versehen und nicht personalisierte Bildgebung wie EKGs oder Augenhintergrundbilder und diese damit in die Krypto Wallet der einzelnen Personen einlegen, die dann selbstbestimmt damit über deren Verwendung verfügen?
In diesem Zusammenhang kann dann auch jede Person im Metaverse entscheiden, in welchem Raum, in welchem Zusammenhang, bei welcher Gelegenheit und zu welchen Konditionen Daten zu Erkrankungen mit wem geteilt werden. Das bedeutet, dass wir das Konzept des Datenschutzes ohnehin komplett überdenken müssen, so dass es mit den aktuellen Herausforderungen Schritt halten kann.
Der Bitkom will die zentralen Akteure des Metaverse aus seinem Netzwerk zusammenbringen und hat dafür eine eigene Plattform geschaffen. Es stellt sich grundsätzlich die Frage, welche Akteure das Thema in der Pharma- und Healthcare-Branche nach vorne treiben können. Wer wird, muss bzw. sollte hier Ihrer Meinung nach agieren, um das Metaverse im Gesundheitssystem zu einem für alle gewinnbringenden Universum zu machen?
Wenn ich nur wüsste, was gewinnbringend bedeutet (lacht). Gewinn hat so viele verschiedene Dimensionen und was des einen Gewinn ist, kann des anderen Verlust sein.
Ich bin kein großer Freund monopolistischer Strukturen, denn die bringen zunächst nur dem Monopolisten Gewinn. Gleichwohl ist die Frage, ob und wenn ja wann man einem Monopolisten etwas entgegenstellen kann. Die Geschichte lehrt, dass häufig bei Innovationen zunächst ein Monopol entstanden ist, das dann kreativ zerstört wurde. Nun ist das Metaverse nach Zuckerberg ja nur eine Ausprägung eines Gedankens, den ja schon viele gedacht haben. Mit Facebook ist da ein mächtiger Träger im Hintergrund, der über viel Kapital und damit Durchhaltevermögen verfügt und gleichzeitig eine globale Plattform betreibt.
Dass die Healthcare-Branche nicht so gut darin ist, eigene Plattformen zu gestalten, die dann auch längerfristig erfolgreich sind, haben wir in den letzten Jahren erfahren. Es ist nicht anzunehmen, dass es nun ein eigenes Healthcare Metaverse geben wird, das disjunkt ist von den bekannten Tech-Giganten. Ich glaube eher, dass die Tech-Unternehmen mittlerweile selbst gut situiert sind im Selfcare-Bereich – man denke an die Smartwatches etc. – und dieser Bereich zunächst auch viel einträglicher ist an Geld und Reputation – man kann dort schneller bewegende Geschichten erzählen. Er stellt jedoch auch eine gute Absprungrampe in den tatsächlichen Healthcare-Bereich dar und, unterstützt von einer Schar gut ausgebildeter Berater, werden die Tech-Giganten sich Teile dieses Marktes holen. Ich sage ja immer: Wir – das heißt die ursprünglichen Spieler im Gesundheitswesen – sind nicht mehr alleine. Da drängeln sich nun auch Apple, Amazon, Adidas, Audi … nur um mal beim Buchstaben A zu bleiben.
Es gibt also zwei Lösungen: Make or sell. Und nicht: Make or buy. Das Kaufen von Lösungen wird nicht mehr klappen, da der Vorsprung der großen Tech-Unternehmen schon zu groß ist. Es fehlen Jahre der Entwicklungszeit und die kulturelle Einstellung der Unternehmen im Allgemeinen. Das Geschäftsmodell von Pharma und Medtech ist nicht direct to consumer, auch wenn das immer wieder versucht wurde, es ist direct to doctor oder direct to buyer. Aber die Akteure im Metaverse werden eben nicht Payer oder Buyer sein, sondern Consumer – und da sind die vorher genannten deutlich besser aufgestellt. Das ist aber auch gar nicht weiter schlimm. Ich glaube, dass die gegenwärtige Zeit eine gute Möglichkeit ist, mit der Erfahrung des Unternehmens nun neue Wege zu gehen und zwar im Sinne einer Diversifizierung mittels neuer Ansätze. Nicht das alte Geschäft abstoßen, sondern neues Geschäft aus sich heraus aufbauen, kann eine gute Strategie im Umgang mit Unsicherheit sein. Sich zum Bestehenden erneuern, das Neue aber nicht zur Zweigstelle des Bestehenden zu machen. Das hat etwas mit Mindset zu tun, mit Leadership-Einstellung, mit Arten des Managements, der Kommunikation und der Kultur im Unternehmen. Es geht nicht darum, ein Startup zu kopieren, sondern Menschen in Organisationen zu befähigen und damit die Organisationen selbst zukunftsfähig aufzustellen. Ich denke, wir brauchen mehr Unternehmerpersönlichkeiten in Unternehmen, das heißt mehr Entrepreneure, mehr Doctorpreneure, mehr female doctorpreneure – insgesamt brauchen wir mehr Mut.
Beleuchten wir zum Schluss noch einmal das Thema Marketing. Die Verknüpfung der realen mit der virtuellen Welt könnte viele Marketer-Träume wahr werden lassen. In welchen Settings sehen Sie hier vielversprechende Möglichkeiten für Pharma- und Healthcare-Unternehmen?
Ich könnte mir vorstellen, dass man das Thema „gamify.healthcare“ nun ganz anders betreiben könnte. Das hat etwas mit Ausbildung zu tun, mit Aufmerksamkeit für medizinische Zusammenhänge, vielleicht auch mit dem Einsatz von digitalem Gerät in der Tele-Physiotherapie. Ich sehe auch Potenziale bei neurologischen oder psychosomatischen Erkrankungen, gleichwohl bin ich nicht zu optimistisch. Wenn ich mich schlecht fühlen möchte, schaue ich mir bei Linkedin an, was ich verpasst habe oder was ich hätte machen können, wo ich nicht dabei war und worauf ich nicht gekommen bin. Ein Leben in der Digital Health Bubble – ein schreckliches Leben, das ich mir pro Tag nur wenige Minuten antun kann. Und doch merke ich den Suchtfaktor, der damit einhergeht. Wie digitales Opium beschleicht mich die Abhängigkeit. Der Horror Vacui, die Angst vor dem digitalen Nichts, ist ganz real. Allein meine Abhängigkeit vom Smartphone macht mich zum Cyborg. Und wahrscheinlich neun von zehn Lesern auch. Wir alle konsumieren im Netz ohne zu wissen, dass wir gleichwohl selbst das Produkt sind.
Wir wissen nicht, welche Nebenwirkungen das Metaverse haben könnte. Es geht hier um Nebenwirkungen auf unsere Demokratie – man denke an Bubbles und Fake News – und es geht um Nebenwirkungen auf uns selbst – wir konsumieren Erlebnisse und Menschen, ohne wirklich physisch aktiv zu sein – und es geht um Nebenwirkungen im Hinblick auf unsere Gesundheit. Das Metaverse kann all das sein, wovor uns Science-Fiction-Autoren immer gewarnt haben, auf der Hut zu sein.
Im Höhlengleichnis von Platon sind die Menschen gefesselt und blicken auf Schatten, die sie für real halten. Sie wissen nicht, dass es das Licht des Feuers, das Licht des Monds und der Sonne gibt. Das zu erkennen, bedeutet einen steilen und steinigen Weg aus der Höhle heraus zu nehmen. Mir scheint, bei all meiner Begeisterung für Technologie, dass das Metaverse dazu führen kann, dass wir uns wieder freiwillig mit Schatten beschäftigen und in selbstgewählter Knechtschaft verbleiben, anstatt den anstrengenden, aber für die Demokratie so wichtigen Weg zur Erkenntnis zu nehmen. Raus aus der Höhle, reale Beziehungen eingehen, uns selbst spüren, Verantwortung übernehmen, mutig sein – ohne Reset oder Restore Button. Das Leben fühlen mit all unseren Sinnen und uns abgrenzen. So stellen wir sicher, dass das Metaverse nicht für den Geist wird, was Metformin für den Körper ist: Eine Ausrede für die Bequemlichkeit, sein Leben nicht selbst in die Hand zu nehmen.
Herr Dr. Gantner, vielen Dank für das Gespräch! <<
Ebenfalls in der Ausgabe 12/2022 ist unter der Überschrift „Die nächste Evolutionsstufe“ ein weiterer Beitrag zum Thema Metaverse erschienen.