Herr Timm, savi ist auf eCouponing, Cashback-Aktionen und das digitale Clearing im Handel spezialisiert. Wo liegen die wesentlichen Vorteile gegenüber Rabatt-Coupons in Papierform?
Papier-Coupons werden in großen Mengen gesammelt, mit dem Lkw irgendwohin – häufig sogar ins Ausland – transportiert und dort dann in Hallen sortiert und ausgezählt werden. Das ist in den letzten Jahren aber deutlich weniger geworden, weil es einen sehr großen Aufwand darstellt. Das ist auch ein Grund dafür, warum der Handel sehr interessiert an digitalen Lösungen in diesem Bereich ist. Denn es ist nicht nur logistisch aufwändig, sondern beim analogen Clearing dauert es auch recht lange, bis der Händler sein Geld zurückbekommt.

Seit wann gibt es eCouponing?
Zunächst muss man sagen, dass das Couponing in Deutschland bereits 2001 per Gerichtsentscheidung legalisiert wurde. Damals haben dann der gesamte Handel, die großen, führenden Hersteller und wir als Clearinghaus gemeinsam vereinbart, dass wir einen rein digitalen Weg gehen möchten. Dadurch kann der Handel uns Coupon-Einlösungen tagesaktuell melden. 

Wenn Sie vom gesamten Handel sprechen, schließt das dann auch die Apotheken mit ein?
In den Apotheken läuft es noch ein bisschen anders – mit Betonung auf „noch”. Dort lief bis vor kurzem eigentlich noch alles ausschließlich über Papier – sprich: Wir haben rund 19.000 Apotheken in Deutschland. Jede Apotheke musste ihre Coupons an eine Kopie des Kassenzettel anheften und zu einem der Clearinghäuser schicken. Ein so großer Aufwand für die Apotheker, dass sich das kaum lohnte. Aber auch für uns nicht, denn das musste ja alles durchgeprüft werden. Deshalb haben wir uns mit einer Allianz zusammengetan, bei der auch die Netzgesellschaft Deutscher Apotheker mit an Bord ist, um das Coupon-Clearing auch im Apothekenmarkt zu digitalisieren: Wenn ein Kunde einen Coupon in der Apotheke einlöst, bekommen wir direkt einen Call, können der Apotheke das Geld erstatten und es uns beim Hersteller wiederholen. 

Hat dieses digitale Verfahren neben dem geringeren Aufwand und der schnelleren Abwicklung noch weitere Vorteile?
Zum Beispiel werden heute viele Coupons über Treueprograme digital über das Smartphone ausgespielt. Dem stand aber das manuelle Clearing im Weg. Die Apotheken konnten keine digitalen Coupons vom Smartphone akzeptieren, weil sie uns nicht nachweisen konnten, dass sie ihn wirklich erhalten haben. Mit dem elektronischen Clearing, das wir jetzt seit einem Jahr sehr erfolgreich in den Apotheken einführen, können sie elektronische Coupons annehmen und bekommen dann auch sehr schnell ihr Geld wieder zurück, und das ohne großen Aufwand.

Sind die Apotheken digital so aufgestellt, dass sie sich am elektronischen Clearing beteiligen können?
Der Großteil schon. Die meisten der Kassensysteme, welche die Apotheken nutzen, sind schon angedockt und können bereits elektronisch clearen, mit ADG gibt es aber auch noch ein relativ häufig genutztes System, das noch nicht angeschlossen ist. Das soll aber baldmöglichst geschehen. Natürlich kann aber jede Apotheke individuell entscheiden, ob sie das machen möchte oder nicht. Wobei es aus meiner Sicht keinen Grund gibt, es nicht zu tun. Für die Apotheken ist es eine Erleichterung, und die Hersteller setzen zunehmend auf den Weg des elektronischen Clearings, auch weil sie dadurch viel schneller an die Zahlen kommen, wann und wo Coupons eingelöst wurden. Die Marke und die Apotheke haben also klare Vorteile, und der Konsument übrigens auch, denn er kann an mehr Aktionen teilnehmen. 

Sind Sie bei savi ausschließlich auf den Abrechnungsvorgang zwischen Handel und Hersteller spezialisiert oder bieten Sie in diesem Zusammenhang auch andere Leistungen an? 
Bis wir unter dem Namen savi an den Markt gegangen sind, waren wir tatsächlich fast ausschließlich die Clearingstelle für den Finanztransfer. Aber wie Sie sich vorstellen können, bekommen wir auch sehr viele relevante Informationen, wie und wo Kampagnen besonders gut laufen, teilweise erhalten wir sogar personenbezogene Daten, die wir auch nutzen dürfen. Entsprechend verfügen wir über sehr gute Insights, mit deren Hilfe wir die Marken beziehungsweise Hersteller beraten können: Wie hoch sollte der Rabatt sein? In welchem Zeitraum solltet ihr werben? Welche Rabatt-Mechanik wird von den Konsumenten am besten angenommen? 

Sie beschäftigen sich nicht nur mit eCouponing, sondern machen im Kundenauftrag auch Cashback-Aktionen. Welche Vorteile bieten diese? 
Beim Cashback ist es so, dass der Kunde ein Produkt unrabattiert zum regulären Preis kauft und den Kaufnachweis anschließend auf einer Webseite hochlädt. Der Händler bekommt von der Aktion also überhaupt nichts mit. Im Gegensatz zum Couponing hat der Konsument erstmal den Nachteil, dass er das Geld nicht direkt bekommt, sondern etwas dafür leisten muss, weshalb beim Cashback der Rabatt meist höher ist. Oder das Produkt ist sogar komplett kostenlos, zum Beispiel wenn der Hersteller es zum Testen anbietet. Für die Marken bietet Cashback den Vorteil, dass sie mehr Informationen über die Käufer bekommen, denn man kann bei Upload nachfragen: Wie hast du von dem Produkt erfahren? Würdest du es weiterempfehlen? Welches dieser Produkte findest du noch spannend? Auf diese Weise bekommt man eine sehr gute und auch günstige Marktforschung, und zwar von tatsächlichen Kunden. 

Zurück zum Couponing: Müssen Sie beziehungsweise die Hersteller den Apotheken Anreize bieten, damit sie bei solchen Aktionen mitmachen?
Das ist nicht notwendig. Denn durch solche Aktionen werden der Apotheke Kunden zugeführt, die sonst vielleicht gar keine Apotheke besucht hätten oder in eine andere gegangen wären. Und wenn sie schon mal da sind, kaufen sie vielleicht noch etwas anderes als nur das rabattierte Produkt. Ein weiterer Vorteil für die Apotheken: Häufig liegen die Coupons auch noch in Papierform hinter dem Counter – in diesem Fall ist der Code für das digitale Clearing dann aufgedruckt – und die PTA, die ihre Kundschaft gut kennt, kann sagen: „Wissen Sie was? Ich habe hier noch etwas für Sie.“ Auf diese Weise ist ein Coupon ein schönes Mittel zur Kundenbindung, denn als Kunde fühlt man sich wertgeschätzt, wenn man den Eindruck hat, man bekommt noch etwas Besonderes angeboten. 

Wie werden digitale Coupons an die Endkunden distribuiert? 
Im Fall von Drogeriemärkten läuft der Großteil über die eigenen Mobile Apps, aber man könnte das beispielsweise auch über deren Newsletter oder Social-Media-Auftritte machen, denn es gibt nur vier größere Ketten. Im Apothekenmarkt ist das anders, denn es sind zigtausende unabhängige Verkaufsstellen, deswegen kann man dort nicht einfach ein paar Newsletter buchen, um flächendeckend mit seiner Aktion wahrgenommen zu werden. Daher geht hier der Distributionsweg häufig über die Marke selbst, also beispielsweise über eine App oder ein Loyalty-Programm. Aber das Meiste findet noch instore in Papierform am Point of Sale statt, aber eben mit elektronischem Clearing. 

Weil Sie „noch“ sagen: Zeichnet sich diesbezüglich ein Wandel ab?
Der Trend geht in Richtung digitale Distribution auf das Smartphone. Was zum einen kostengünstiger ist, denn Papier ist sehr teuer geworden. Zum anderen bietet die digitale Distribution aber auch Tracking-Möglichkeiten, so dass die Marken hierüber weitere Insights gewinnen könnten. Aktuell allerdings mehr in der Theorie, weil diese Distributionsart noch relativ wenig genutzt wird, aber das ist definitiv ein Thema, das wächst.