Nach Einschätzung des Hilfswerks ist diese Unterstützung notwendiger denn je. "Nach zwei Jahren Krieg sind viele Menschen müde, manche sind physisch und psychisch am Ende ihrer Kräfte", berichtet Markus Bremers, Pressesprecher von action medeor. Er war noch vor wenigen Tagen selbst in der Ukraine, um einige Hilfsprojekte im Raum Odessa zu besuchen. "Die Menschen versuchen, sich mitten im Krieg eine Art Normalität einzurichten", schildert er seine Eindrücke, "aber das gelingt natürlich nicht durchgängig, denn die ständige Bedrohung durch Raketen und Drohnen belastet die Menschen stark. Viele mussten zudem von zu Hause fliehen und leben nun in provisorischen Unterkünften. Und dann kommen noch die täglichen Ausfälle in der Strom-, Gas-, Wasser- und Internetversorgung hinzu."
Angespannt sei laut Bremers auch die soziale Lage im Land. Viele Menschen hätten ihre Arbeit verloren, gleichzeitig seien die Preise explodiert und hätten soziale Leistungen des Staates gekürzt werden müssen. "Das hat zur Folge, dass sich viele Menschen ihre Medikamente schlicht nicht mehr leisten können. Manche müssen jeden Tag entscheiden, ob sie sich etwas zu essen kaufen oder Medizin. Beides gleichzeitig geht nicht", berichtet Bremers.
In dieser Situation leistet action medeor zusammen mit seinen lokalen Partnern humanitäre Hilfe, die für viele Menschen überlebenswichtig ist. Zwei dieser Partnerorganisationen zogen jetzt gemeinsam mit action medeor eine Zwischenbilanz ihrer Tätigkeiten.
In Odessa beispielsweise kooperiert action medeor mit der Organisation Your City, die eine Sozialapotheke betreibt, in der Medikamente kostenfrei an Bedürftige ausgegeben werden. "Zu uns kommen geflüchtete Familien mit Kindern, Menschen mit Behinderung, Alleinerziehende und Rentner", erläutert Igor Fedin, der die Sozialapotheke im März 2022 ins Leben gerufen hat. Rund 3.000 Menschen nähmen die Leistungen der Sozialapotheke in Odessa jeden Monat in Anspruch. "Viele davon brauchen die Medikamente, um zu überleben", sagt Fedin.
Weitere 1.000 Menschen pro Monat erreicht action medeor in den Dörfern rund um Mykolajiw und Cherson mit einer mobilen Apotheke. "Hier ist die Versorgung der Menschen noch schwieriger, denn die Dörfer im Osten liegen teilweise sehr nahe an der Front", schildert Maxim Friesen von der ukrainischen Partnerorganisation Farwater. "In diesen Regionen sind der Großteil der Häuser und die gesamte Infrastruktur zerstört", beschreibt Friesen, "es gibt also keinerlei Versorgung mit Wasser, Strom oder Gas. Und in Cherson im Osten kommt täglich Beschuss durch Raketen, Granaten und Drohnen hinzu." Die Helfer von Farwater nehmen daher hohe Risiken auf sich, um Menschen, die nur wenige Kilometer hinter der Frontlinie leben, mit lebensnotwendigen Medikamenten zu versorgen. "Unsere Helfer sind dabei auch schon unter Beschuss geraten", schildert Friesen, "aber glücklicherweise wurde bisher noch nie jemand verletzt."
Neben der pharmazeutischen Versorgung kümmert sich action medeor auch um die Unterstützung der Menschen mit Wasser und Lebensmitteln. In Mykolajiw wurde eine Wärmestube errichtet, in der täglich 1.000 warme Mahlzeiten ausgegeben werden. Gleich daneben backt eine Großbäckerei mit Hilfe von action medeor jede Woche 17.000 Laib Brot. Sie werden in der Wärmestube ausgegeben, aber auch an soziale Einrichtungen für Kinder und Menschen mit Behinderung verteilt.
Schließlich nimmt sich action medeor mit verschiedenen Aktivitäten auch der psychischen Gesundheit der Menschen an. Dazu zählen zum einen psychologische Beratungsangebote, zum anderen aber auch sehr niederschwellige Angebote, etwa Spielenachmittage für Kinder. "Bei diesen Aktionen findet nicht einfach nur ein Kinderprogramm statt", schildert Markus Bremers, "sondern es geschieht etwas sehr Wichtiges: Die Kinder dürfen für einen kurzen Zeitraum einfach nur Kinder sein. Sie bekommen für einen Moment ihre Unbeschwertheit zurück. Man sieht es in ihren Augen, wie sehr sie das lieben. Und wie sehr sie das brauchen."