■ Treffsicher informieren: Nicht mehr Gießkanne, sondern Präzision
Ärzt:innen informieren sich heute vielfältiger, selektiver und kontextbezogener als je zuvor. Zwischen Fachportalen, Webinaren, eDetailing-Plattformen und wissenschaftlichen Newslettern entscheiden sie selbst, wann, wo und wie sie Inhalte konsumieren. Genau darin liegt die Chance. Pharmaunternehmen müssen diesen Bedarf antizipieren, nicht übertönen. Wer seine Kommunikation nicht mehr nur kanalgetrieben, sondern nutzerzentriert denkt, kann echten Mehrwert schaffen. Moderne CRM- und Marketing-Automation-Systeme liefern dafür die Basis. Sie helfen, Zielgruppenverhalten zu analysieren, Bedarfe zu erkennen und Inhalte in Echtzeit auszuspielen – für mehr Relevanz, Vertrauen und Orientierung. Gerade bei komplexen oder spezialisierten Produkten, etwa in der Onkologie oder bei Nischenindikationen, kommt es nicht nur auf die Fakten an, sondern auf den Kontext, in dem sie vermittelt werden. In Zeiten von Informationsparität ist der Unterschied nicht, was kommuniziert wird, sondern wie.

■ Remote, hybrid, integriert: Der Außendienst bleibt – aber anders
Lange Zeit funktionierte pharmazeutische Kommunikation nach einem klaren Muster: ein Außendienstbesuch, ein Produkt, ein Argumentationsleitfaden. Doch diese Linearität passt nicht mehr in die Realität überlasteter Praxen. Ärzt:innen sind heute informierter, kritischer und selektiver. Für viele bedeutet jede Begegnung mit dem Außendienst zusätzlichen Aufwand in einem ohnehin dichten Praxisalltag. Gleichzeitig wächst die Skepsis gegenüber Gesprächen, die keinen unmittelbaren Nutzen haben. Wer hier keinen konkreten Mehrwert bietet, verliert nicht nur Zeit, sondern Vertrauen. 
Das bedeutet natürlich nicht das Ende des Außendienstes, aber eine Neudefinition seiner Rolle. Smarte Vertriebsmodelle und hybride Betreuungskonzepte machen es möglich, gezielter und flexibler zu kommunizieren. Statt auf reine Frequenz setzen smarte Teams heute auf datenbasiertes Impact Management. Der Außendienst wird so zum Resonanzverstärker einer vernetzten Strategie: mit digitalen Touchpoints, persönlichen Kontakten und situativer Relevanz. Das Ziel dabei ist klar: Weniger Präsenz um der Präsenz willen, sondern mehr Nähe durch Wirkung.

■ Mit KI von der Datenflut zur Dialogintelligenz, hybrid
Künstliche Intelligenz ist mehr als ein weiteres Tool – sie ist der Schlüssel, um Kommunikation nicht nur effizienter, sondern intelligenter zu machen. Systeme wie Predictive Analytics, Segmentierungsmodelle oder „Next Best Action“-Empfehlungen ermöglichen es, Zielgruppenverhalten zu verstehen, Kommunikation zu personalisieren und Zeitfenster besser zu nutzen. Gleichzeitig entlasten KI-Lösungen die Teams in Marketing und Vertrieb, indem sie Routinen automatisieren und Ressourcen für strategische Aufgaben freisetzen. 
Doch echte Wirkung entsteht nicht durch Algorithmen allein. KI liefert Impulse – sie ersetzt keine Beziehungen, keine Intuition, keine Erfahrung. Aber sie hilft, fundierter zu entscheiden, gezielter anzusprechen und Ressourcen sinnvoller einzusetzen. Die Herausforderung besteht darin, KI nicht als Kontrollmechanismus zu begreifen, sondern als Enabler für empathische Gespräche, bessere Inhalte und fundierte Entscheidungen. Richtig eingesetzt, erlaubt sie Vertriebs- und Marketingteams mehr Eigenverantwortung, mehr Wirkung und mehr Nähe zu den Kund:innen. So entstehen keine automatisierten Prozesse, sondern echte Experiences. 

■ Die wahre Hürde: Kultureller Wandel statt technischer Machbarkeit
Viele Pharmaunternehmen investieren in Tools, aber scheitern am Mindset. Denn im Fokus steht nicht die Automatisierung an sich, sondern der konkrete Nutzen, den sie stiftet. KI verliert an Potenzial, wenn sie nur als neues CRM-Feld behandelt wird. Zudem kann der Außendienst nicht zukunftsfähig werden, wenn er nach alten Frequenzlogiken gesteuert wird.

Die erfolgreichsten Transformationsprojekte starten nicht mit Tools, sondern mit Haltung. Nämlich dann, wenn Teams klare Ziele haben, Verantwortung übernehmen dürfen und auf Wirkung statt Aktivität gesteuert werden. Technologie ist dabei kein Add-on, sondern integraler Bestandteil eines intelligenten, orchestrierten Betriebssystems. Ein smarter Außendienst, der seine Wirkung versteht, wird relevanter agieren. Was es braucht, ist ein kultureller Shift, Führung, die weniger kontrolliert und mehr befähigt, und die Steuerung entlang von Kundenbedürfnissen – nicht entlang interner KPIs.

■ Fazit: Klasse statt Masse – was heute wirklich zählt
Mut zur Klarheit: Weg mit Aktionismus, hin zu gezielter Wirkung – kanalübergreifend, kontextbasiert, kundenzentriert. Das gilt für jede Form der pharmazeutischen Kommunikation. Omnichannel-Strategien, datenbasierte Planung und KI sind wichtige Werkzeuge, wenn sie sinnvoll eingesetzt und aufeinander abgestimmt sind. Sie helfen, Inhalte gezielt zu steuern und Teams zu entlasten – vorausgesetzt, der Mensch bleibt im Zentrum. Wer heute seinen Außendienst transformieren will, sollte nicht bei der Frage beginnen, was er noch darf, sondern wofür er heute gebraucht wird. Nicht als Informationsübermittler, sondern als Gesprächspartner mit klarem Mehrwert. Entscheidend ist, dass Kommunikation nicht auf Taktung zielt, sondern Wirkung erzeugt. Dafür braucht es nicht mehr Tools, sondern mehr Klarheit – in den Zielen, in der Rolle jedes Kanals und in der Art, wie wir Beziehungen gestalten.

 

Autorin: 

Kathleen Rieser ist General Manager und Chief Executive Officer der good healthcare group. Sie bringt ihre Commercial-Kenntnisse aus früheren leitenden Funktionen bei Neuraxpharm und Bayer ein, wo sie insbesondere im Bereich Marketing & Sales in Deutschland sowie auf lokaler, regionaler und globaler Ebene wirkte. Kathleen Rieser ist darauf spezialisiert, Teams zu führen und Talente zu entwickeln. Des Weiteren liegen ihre Kompetenzen in der strategischen Beratung und in der Strukturierung von Organisationen. 
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