Herr Brodhecker, Sie waren sieben Jahre Kreativchef bei Schmittgall Health. Was hat Sie bewogen, nun bei Schaller & Partner eine neue Herausforderung anzunehmen?
Das waren klasse Jahre bei Schmittgall. Ich durfte mit einem super Team zusammenarbeiten, mit Leuten wie Winfried Krenz und Wolf Stroetmann. Durch Winfried Krenz war immer auch ein Stück Bernd-Schmittgall-Vibe im Raum. Das ist ein Geschenk, wenn man es mit solchen Ikonen zu tun haben darf. Aber letztlich war tatsächlich immer die ganze Mannschaft der Star.
Dann waren da diese vielen Awards, die wir mit dem Team über die Jahre gewonnen haben: Ziel war es immer, beim Comprix auf dem Treppchen zu stehen und das hat super funktioniert. Dass wir beim Rx-Club 2023 die erfolgreichste Agentur weltweit waren, war für mich der perfekte Schlusspunkt. 

Wären diese Erfolge nicht ein Grund gewesen, bei Schmittgall zu bleiben?
Nach sieben Jahren war ich schlicht reif für eine neue Konstellation, eine neue Herausforderung. So nach dem Motto „Wenn nicht jetzt, wann dann?“. Und mit Schaller & Partner habe ich den passenden Rahmen dafür gefunden.

Welches Bild wollen Sie für diesen Rahmen malen?
Eines ist klar: Es macht keinen Sinn, „just another“ Healthcare-Agentur zu gründen. Deshalb haben wir von der Schaller Health eine sehr klare Idee für unsere Existenzberechtigung: Wir verfolgen einen zugespitzten Markenansatz, der so in der Healthcare nur selten bewusst praktiziert wird. Es geht um Markenbildung im Hyperwettbewerb, um Challenger Brands in der Healthcare. Für diesen zugespitzten Ansatz haben wir das markenstrategische Know-how, aber eben auch die kreative Exzellenz am Start.

Was genau steckt hinter dieser Positionierung „Herausforderermarken in der Healthcare“?
In den letzten Jahren hat die Healthcare-Kommunikation immens aufgeholt: Rx hat kreativ einen großen Sprung nach vorne gemacht. Was mir als FMCG-gestähltem Kreativen aber auffiel: Obwohl der Wettbewerb in Pharma und Health nicht weniger heftig ausfällt als in anderen Branchen, gibt es diese zugespitzte Markendenke nicht: Wie fordert man als Nr. 2 den Marktführer heraus? Mit welchem Messaging kann ich als kleine Marke meine eigene Kategorie bilden? Wie agiert der Challenger? Und wie reagiert der Marktführer im Sinne von „Challenge the Challenger“? All diese Fragen stellt sich in der Health-Welt kaum jemand. Es heißt immer: „Konzentrieren wir uns auf unsere Stärken“. Klingt gut, aber hier wird immens viel Potenzial verschenkt. Keine Marke ist eine Insel – auch nicht in der Healthcare.

Haben Sie ein konkretes Beispiel, wo so etwas in der Healthcare funktioniert? 
Vielleicht das beste Beispiel aus meiner Arbeit der letzten Jahre: Die mit Comprix-Gold prämierte Nordic-Pharma-Kampagne „Daumen hoch für tastenlos“ ist eine klassische Challenger-Kampagne. Warum? Weil Nordic als kleiner Herausforderer die Schwäche des Marktführers entlarvt hat – nämlich die Darreichungsform als Tastenpen ausgerechnet für Menschen mit „Rheumahänden“. Hier stimmte alles: Eine saubere Herausfordererstrategie in Verbindung mit überraschender Kreation. Eine Kampagne, die viel im Markt bewegt hat.

Das klingt nach einem markenstrategisch geprägten Ansatz. Bei Ihnen als awardgekröntem Health-Kreativen ist das überraschend. 
Meine Vorgeschichte als Nicht-Health-Werber war hier sicher entscheidend. Ich habe schon als Juniortexter für Red Bull und damit für eine der Challengermarken schlechthin gearbeitet. Dietrich Mateschitz‘ klares Feindbild war Coca-Cola. Er hat mit dem Energiedrink als neuer Kategorie den perfekten Move einer Challenger Brand gemacht.
Dann habe ich viele Jahre für Toyota Europa gearbeitet – auch hier mit der Mission, deutsche Premiummarken wie Mercedes, BMW und Audi herauszufordern. Ich bin überzeugt: Wir können als Health-Kommunikatoren viel vom Supermarktregal und vom Autohaus lernen.

Für wen ist dieser Ansatz in der Healthcare-Welt spannend? Wer kann von Ihrem Angebot besonders profitieren?
Der Healthcare-Mittelstand, Startups oder Nischenprodukte aus der großen Rx-Welt liegen hier natürlich auf der Hand. Aber auch Marktführer, die sich von Herausforderern unter Druck gesetzt fühlen, können von uns profitieren. Unter dem Gedanken „Challenge the challenger“ kann sich nämlich Goliath durch intelligentes Gegen-Messaging auch der smartesten Davids erwehren. Der Ansatz funktioniert in beide Richtungen. 

Die Mutteragentur Schaller & Partner gilt als Agentur, die im Bereich Handel, Vertrieb, Mittelstand stark aufgestellt ist und hier eine besondere Expertise vorweist. Warum eine Healthcare Unit?
Schaller & Partner ist ein Familienunternehmen, selbst Mittelstand und denkt und atmet Sales. Aus meiner Sicht der perfekte Rahmen für eine agile, anspruchsvolle und auch vertrieblich ausgerichtete Health-Agentur, die wir nun mit Schaller Health realisieren. Zudem gibt es mit der Schaller Digital, einer 30-köpfigen Digitalagentur, mit einem starken Social-Media-Team und überragenden Bewegtbild-Artisten ein lebendiges Umfeld von Leuten, die hands-on machen und das auf einem tollen Level. Davon kann die Schaller Health nur profitieren.
    
Mit welchem Team gehen Sie an den Start?
Schaller & Partner kreiert seit vielen Jahren Healthcare-Kommunikation, nur eben nicht in einer spezialisierten Unit. Dadurch habe ich hier vom Start weg ein Team von Rx- und OTC-erfahrenen Beratern an meiner Seite. Zugleich bringe ich natürlich mein Netzwerk mit: Ärzte, Medical-Strategen, Medical Writer, Rx-Beraterinnen und Top-Health-Kreative, mit denen ich über Jahre gearbeitet habe. Wir sind also bestens aufgestellt für den Start und immer auf der Suche nach exzellentem Talent.

Sie haben während Ihrer Karriere für namhafte Marken wie Rolex, Campari, Beck‘s und Sony gearbeitet. Haben Sie vor Ihrem Wechsel zu Schaller auch über eine Rückkehr in die Welt der Konsumgüter nachgedacht?
Healthcare ist zwar meine späte, aber definitiv auch meine große Liebe. Wenn man die gefunden hat, bleibt man ihr treu.